Nachrichten August 2012


WAHLKAMPF: Auswirkungen der Wahlprogramme untersucht

Den Haag. MWE/NRC/TR/VK. 28. August 2012.

Gestern veröffentlichte das Centraal Planbureau (CPB) die Analyse der Wahlprogramme zehn verschiedener Parteien. Gemeinsam mit dem Planbureau voor de Leefomgeving (PBL) berechnete das CPB die Effekte von gut 2.468 Maßnahmen, die in den Wahlprogrammen unter anderem zur Sanierung des Staatshaushaltes vorgeschlagen werden. Neben der neuen Partei des ehemaligen PVV-Abgeordneten Hero Brinkman, DPK, ließen die momentan in der Zweiten Kammer vertretenen Parteien VVD, PvdA, PVV, CDA, SP, D66, GroenLinks, ChristenUnie und SGP ihre Wahlprogramme durchrechnen. Nur die PvdD nahm nicht an der Auswertung teil.

Die Analyse des CPB, dem offiziellen Beratungsorgan der niederländischen Regierung in Wirtschafts- und Finanzfragen, zeigt dem Wähler, wie umfassend, vergleichbar und exakt die einzelnen Wahlprogramme sind und trägt damit zur Transparenz des Wahlprozesses bei. Aus dem Vergleich der Berechnungen der verschiedenen Programme geht hervor, dass es einige Unterschiede gibt. Zudem gelingt es keiner der Parteien, durch die vorgeschlagenen Maßnahmen das Haushaltsdefizit bis 2017 abzubauen. Eine wichtige Konstante aller Vorschläge ist jedoch der langfristige Ausgleich des Staatshaushaltes, bei der nur die PVV eine Ausnahme darstellt.

Die Partei von Geert Wilders plant die geringsten Einsparungen aller Parteien. Dadurch sinkt das Haushaltsdefizit im Vergleich zu anderen Parteien nur gering. Das Defizit liegt 2013 mit vier Prozent und auch 2014 mit 3,6 Prozent noch über der von europäischer Seite vorgegebener Höchstgrenze von drei Prozent. Erst 2017 soll es auf 1,3 Prozent sinken. Da Wilders seine Pläne zum Austritt der Niederlande aus der EU und dem Euro – seinem bedeutendstem Standpunkt – nicht durch das CPB analysieren ließ, beruht die Analyse weiterhin auf der Mitgliedschaft der Niederlande in der EU. Die Pläne der PVV sind zudem sehr kurzfristig, so das Urteil des CPB.

Berechnung widerspricht Wahlversprechen

Aus dem Wahlprogramm der VVD gehen Einsparungen in Höhe von 22 Millionen Euro hervor, 8 Millionen Euro sollen allein im Gesundheitswesen eingespart werden. Dennoch kann die VVD ihr Wahlversprechen, der Staatshaushalt sei bereits 2017 wieder ausgeglichen, nicht erfüllen. Das Defizit würde dann allerdings nur noch bei 1,1 Prozent. Im Vergleich zu den Plänen der anderen Parteien das beste Ergebnis. Bis 2040 plant die VVD 275.000 Jobs zu schaffen und sorgt somit im Vergleich mit den anderen Parteien für die meisten Arbeitsplätze.

Die PvdA verspricht in ihrem Wahlprogramm ein Wirtschaftswachstum, erzielt aber in diesem Bereich die schlechtesten Ergebnisse. Die Prognose zeigt, dass die Wirtschaft sogar um 2,3 Prozent schrumpft. Und auch die Arbeitslosigkeit nimmt bis 2017 um 1,3 Prozent zu. Insgesamt möchte die PvdA 15 Millionen Euro einsparen, jedoch nicht ab sofort. Als Folge liegt das Defizit 2013 immer noch bei 3,5 Prozent und erst 2017 bei 1,5 Prozent. Dennoch betonte die PvdA nach Bekanntgabe der Berechnungen, dass die Sozialdemokraten die Niederlande „stark und sozial aus der Krise“ führen werden.

Kaufkraft oder Arbeitsplätze?

Der Spitzenkandidat der SP, Emile Roemer, zeigte sich erfreut über die Feststellung, dass die SP als einzige Partei schon im folgenden Jahr mit einem Haushaltsdefizit von 3,1 Prozent die europäischen Vorgaben knapp erfüllen kann. Den guten Analysewerten bezüglich der Kaufkraft stehen allerdings die schlechten Werte im Hinblick auf Arbeitsplätze entgegen. Roemer ließ daraufhin verlauten, die geringe Zahl der Arbeitsplätze bezöge sich erst auf das Jahr 2040.

Im Vergleich zur SP sinkt mit der Umsetzung des Programms des CDA die Kaufkraft am schnellsten. Bereits 2017 hätten niederländische Haushalte 3,25 Prozent weniger Geld zur Verfügung. Einsparen will der CDA vor allem im Gesundheitswesen und bei den Sozialleistungen mit insgesamt 11,25 Milliarden Euro. Spitzenkandidat Sybrand van Haersma Buma setzte sich nach Bekanntgabe der Analyse gegen SP, PvdA und PVV ab, die auf lange Sicht eher Arbeitsplätze vernichten würden, während der CDA für 180.000 neue Stellen sorgen würde.

GroenLinks will ebenfalls 15 Milliarden einsparen und erreicht damit 2013 noch ein Defizit von drei Prozent, 2017 aber bereits nur noch ein Defizit von 1,6 Prozent. Das Wirtschaftswachstum betrüge laut CPB ein Prozent und die Arbeitslosigkeit läge bei 6,25 Prozent. Aus den Berechnungen des CPB ergibt sich, dass auf lange Sicht, neben VVD und PvdA, vor allem die Pläne von D66 für wirtschaftliches Wachstum sorgen. Neben Investitionen in Höhe von 1,75 Milliarden für den Bildungssektor, will die D66 Einsparungen in Höhe von 12,75 Milliarden erreichen. 2017 würde das Haushaltdefizit bei 1,6 Prozent liegen. Die ChristenUnie will bis 2017 11 Milliarden Euro einsparen und liegt dann bei einem Haushaltsdefizit von 1,5 Prozent. Das Kindergeld soll allerdings erhöht werden. Die Pläne der SGP führen 2017 zu 1,5 Prozent mehr Arbeitslosigkeit und zu einem Defizit von 1,9 Prozent. Die angestrebten 13,75 Milliarden Euro will die SGP unter anderem durch zusätzliche Steuern und Abgaben für Tabak, Alkohol oder Feuerwerk einsparen.

Fast alle Parteien sind mit dem Ergebnis zufrieden

Nach Bekanntgabe der Ergebnisse durch das CPB und das PBL, konnten viele der Parteien der Analyse positive Aspekte abgewinnen. Die ChristenUnie bietet ihrer Meinung nach „solide Lösungen für alle Generationen“, D66  beurteilte das eigene Programm als ehrgeizig, ausgeglichen und realistisch und auch Wilders sorgte sich nicht um den langfristigen Effekt seiner Pläne. Zudem betrachtete sich jede Partei als Sieger: die VVD sorgt für die meisten Arbeitsplätze und die SP sorgt mehr als andere Parteien für Kaufkraft.

Lediglich Hero Brinkman, Spitzenkandidat des Democratisch Politiek Keerpunt (DPK), äußerte sich unzufrieden über die Berechnungen des CPB und ist der Meinung, dass die Behörde geschlossen werden könne.