Nachrichten August 2012


WAHL: Post-Sozialisten und Liberale liegen in Meinungsumfragen vorne

Den Haag. /TNS NIPO/peil.nl/TR/VK. 08. August 2012.

In 36 Tagen wählen die Niederländerinnen und Niederländer ein neues Parlament. Nach dem Scheitern der von Populist Geert Wilders geduldeten Minderheitsregierung werden nun am 12. September die 150 Sitze der Zweiten Kammer neu gewählt. Die Partei des geschäftsführenden liberalen Ministerpräsidenten Mark Rutte (VVD) scheint dabei gemeinsam mit der ehemaligen maoistischen Socialistischen Partij (SP) von Spitzenkandidat Emile Roemer aktuell die besten Chancen zu haben.

Das Ende der Schulferien und damit auch der Beginn der heißen Wahlkampfphase rücken in den Niederlanden immer näher. In anderthalb Wochen sind sowohl für die Schülerinnen und Schüler als auch für die Wahlkämpfer endgültig die Sommerferien zu Ende. Aus diesem Grund startet die sozialdemokratische PvdA bereits am kommenden Samstag mit ihrem offiziellen Wahlkampfauftakt in die heiße Phase. Andere Parteien wie etwa die liberale VVD, die erst am 31. August den offiziellen Straßenwahlkampf eröffnet, lassen sich da mehr Zeit.

Orientiert man sich an den veröffentlichten Meinungsumfragen der letzten Wochen, dann ist insgesamt nur wenig Bewegung bei den prognostizierten Stärkenverhältnissen der Parteien auszumachen. Verglichen mit den vergangenen Parlamentswahlen vor gut zwei Jahren wird der größte Zuwachs momentan für die SP erwartet, die in den Sonntagsfragen in dieser Woche bis zu 37 der 150 virtuelle Sitze erlagen konnte und damit das Feld der Parteien anführt. Zum Vergleich: Aktuell sitzt die SP unter Spitzenmann Emile Roemer mit nur 15 Abgeordneten im Haager Parlament. Neben Roemer hat auch der noch amtierende Premier Mark Rutte (VVD) gute Chancen, in der nächsten Wahlperiode die Leitung des Kabinetts zu übernehmen. Seine Partei kommt in den aktuellen Umfragen auf Werte zwischen 31 und 32 Sitze. Seit der letzten Woche ist dabei der Vorsprung der SP weiter angewachsen, nachdem sie sich selber leicht verbessert und die VVD sich leicht verschlechtert hatte. Gefragt nach derjenigen Person, die die Wahlberechtigten am liebsten im Amt des Präsidenten sehen wollen, antworteten dem Meinungsforschungsinstitut Maurice de Hond 47 Prozent der Befragten, dass sie am liebsten Mark Rutte als Premier wollen. Roemer dagegen kommt auf insgesamt 40 Prozent. Er kann sich vor allem auf die Anhängerinnen und Anhänger der Parteien aus dem linken Meinungsspektrum verlassen. Wählerinnen und Wähler von SP, PvdA sowie GroenLinks geben Roemer deutlich vor dem liberalen Rutte den Vorzug.

„Volksparteien“ CDA und PvdA mit höchsten Verlusten

Bei den anderen Parteien können nach der Prognose von Maurice de Hond vor allem die sozialliberale D66 (15 virtuelle Sitze, +5 im Vergleich zur Wahl 2010) sowie die kleinen Parteien ChristenUnie (7, +2), SGP (3, +1) sowie die Tierschutzpartei Partij voor de Dieren (3, +1) mit Gewinnen rechnen. Gute Chancen, erstmals in die Zweite Kammer einzuziehen, werden zudem der Seniorenpartei 50PLUS sowie der Piratenpartei prognostiziert. Sie sollen nach den neuesten Umfragen bei den Wahlen am 12. September bei einem Parlamentssitz landen. Verluste muss hingegen der ehemalige Duldungspartner der gescheiterten Minderheitsregierung, die PVV (18, -6) von Geert Wilders befürchten. Aber auch die ehemals großen Volksparteien PvdA (17, -13) und CDA (14, -7) werden nach aktuellem Stand ebenso wie auch GroenLinks (5, -5) herbe Verluste einstecken müssen.

Eine derartige Zersplitterung des Parteienspektrums lässt die Koalitionsmöglichkeiten noch schwieriger als vor zwei Jahren erscheinen. Und tatsächlich sind mit den Ergebnissen der aktuellen Meinungsumfragen keine klaren Mehrheiten erkennbar. Nicht einmal eine mögliche Koalition aus den fünf Parteien VVD, CDA, D66, GroenLinks und ChristenUnie (insgesamt 73 Sitze) würde die erforderliche Mehrheit von 76 Sitzen erreichen. Auch eine Minderheitsregierung scheint nach dem jüngsten Scheitern der von Geert Wilders geduldeten Minderheitskonstruktion aus VVD und CDA keine wirkliche Option für die Zeit nach dem 12. September zu sein. Wie der niederländische Nachrichtensender NOS berichtet, würde die SP laut Aussage von Emile Roemer nicht als Teil einer solchen Konstruktion zur Verfügung stehen. Geert Wilders erklärte hingegen, dass er es wieder tun würde.

Wer wählt wen?

Die SP als unter den Wahlberechtigten momentan beliebteste Partei ist besonders bei den Frauen sehr angesehen. Gut anderthalb mal so viele Frauen wie Männer gaben an, den Post-Maoisten ihre Stimme zu geben. Einen Überhang an männlichen Unterstützern gibt es hingegen bei den beiden liberalen Parteien VVD und D66. Schaut man nach dem Altersdurchschnitt, dann können D66 und GroenLinks vor allem die Stimmen von Jüngeren verzeichnen. Zu den Wählerinnen und Wählern der ehemaligen Volksparteien CDA und PvdA zählen hingegen in einem sehr starken Maße ältere Niederländerinnen und Niederländer. Das direkte Rennen zwischen diesen beiden scheint dabei aktuell der CDA für sich zu entscheiden. Laut den Zahlen des Instituts TNS NIPO hat der CDA innerhalb der letzten vier Wochen ganze drei Sitze hinzugewinnen können, während die Sozialdemokraten im selben Zeitraum drei virtuelle Sitze verloren. Die PvdA hat dabei vor allem mit dem Problem zu kämpfen, dass viele ehemalige Stammwähler vermehrt zur konkurrierenden SP abwandern.

Das Institut Maurice de Hond unterschied die Wahlpräferenzen zusätzlich auch noch nach dem Bildungsniveau der Wahlberechtigten. Hier stechen vor allem D66 und GroenLinks, mit etwas Abstand auch die VVD durch sehr hoch ausgebildete Anhänger auf. Bei den niedrig ausgebildeten Wählerinnen und Wählern gibt es hingegen einen sehr großen Drang zu den beiden populistischen Parteien PVV und SP. Diese Parteien können sich jedoch auch ihrer Unterstützer am sichersten sein. So sind bei denjenigen, die sich schon jetzt endgültig darüber im Klaren sind, welcher Partei sie am 12. September ihre Stimme geben werden, die SP-Anhänger mit 57 Prozent am sichersten. Dicht gefolgt von jenen der PVV mit 55 Prozent.