Nachrichten August 2012


GRENZKONTROLLEN: Kameraüberwachung geht in offizielle Phase

Den Haag. /dG/heise.de/RVD/TR. 01. August 2012.

Ab dem heutigen Mittwoch ist das Risiko für Niederlande-Reisende, beim Grenzübertritt wieder stärker kontrolliert zu werden, größer geworden. Der eigentlich bereits für Anfang dieses Jahres geplante Betriebsbeginn eines automatischen Überwachungssystems auf Autobahnen und Bundesstraßen startet zum 1. August. Nach vorangegangenen Klagen von deutscher Seite vor europäischen Instanzen wurde das System allerdings angepasst und entschärft. Fürchten müssen sich vor dem neuen kameragestützten System vor allem Vertreter der organisierten Kriminalität.

Durch das Schengener Abkommen gehören permanente Grenzkontrollen an der deutsch-niederländischen Grenze bereits seit 1995 endgültig der Vergangenheit an. Das Ende der Testphase für die Kameraüberwachung macht es jetzt jedoch wieder wahrscheinlicher, nach dem Grenzübertritt in die Niederlande kontrolliert zu werden. Dies allerdings nur in einem sehr geringen Ausmaß und nicht zu vergleichen mit der Zeit vor 1995, wie von offizieller niederländische Seite beteuert wird. Das Überwachungssystem, welches den kryptischen Namen „@MIGO-BORAS“ (automatisch mobiel informatie gestuurd optreden – better operational result and advanced security) trägt, wird bereits seit dem Jahr 2005 am niederländisch-belgischen Grenzübergang Hazeldonk getestet (NiederlandeNet berichtete). Ab heute nun wird der einreisende Verkehr an 15 großen Grenzübergängen – Autobahnen und Nationalstraßen – der Niederlande zu Belgien und Deutschland verschärft überwacht. Für die restlichen Grenzübergänge ist der Einsatz von sechs mobilen Einheiten von Grenzpolizisten auf Geländewagen geplant.

Die automatische Überwachung ist in der Lage, von jedem passierenden Fahrzeug sowohl von der Front als auch von der Seite ein Foto zu machen und dieses anschließend in Sekundenbruchteilen auszuwerten und mit zuvor entwickelten Risikokriterien zu vergleichen. Sind an dem Fahrzeug Auffälligkeiten zu beobachten, dann schlägt eine Software Alarm und es kann von der zuständigen niederländischen Grenzpolizei Marechaussee für eine weiterführende Kontrolle kurz nach der Grenze herausgepickt werden. Ziel des Systems, welches den niederländischen Staat einmalig 19 Mio. Euro und jährlich 2 Mio. Euro kostet, sei die Zurückdrängung sowie Aufdeckung von Menschenschmuggel, Menschenhandel, Identitätsbetrug und Geldwäsche. Wie von Seiten der niederländischen Botschaft in Berlin betont wird, sehe das System ausdrücklich „kein Speicherung der Kraftfahrzeugkennzeichen von PKW oder LKW vor, die Rückschlüsse auf Personen zulassen würden“. Auch würden „die Kameras nicht dazu verwendet, erfasste Kennzeichen mit zuvor gespeicherten Kennzeichen gestohlener Fahrzeuge oder von Fahrzeugen, deren Halter polizeilich gesucht werden oder noch Geldbußen zu entrichten haben, abzugleichen“, so die Botschaft auf ihrer Internetseite.

Wie von offizieller niederländischer Seite stets betont wird, überwachen die neuen kameragestützten Systeme den Verkehr zudem nicht kontinuierlich und unterstützen lediglich die mobilen Kontrollen der Grenzpolizei. So soll das System am selben Verkehrsweg maximal 90 Stunden pro Monat und sechs Stunden pro Tag in Betrieb genommen werden. Zudem soll nur ein Teil der passierenden PKW und LKW kontrolliert werden. Dies alles sind Regeln, welche sich aus den Regeln zur Reisefreiheit im Schengen-Raum ergeben. Sie gehen vor allem auf die Kritik deutscher Behörden und Datenschützer zurück, welche durch das System Ende 2011 einen Konflikt mit dem Abkommen von Schengen ausgemacht hatten und zudem den Datenschutz nicht vollständig gewährleistet sahen. Der Konflikt wurde seinerzeit bis zur Europäischen Kommission geführt. In der ersten Jahreshälfte dieses Jahres urteilte zudem ein niederländisches Gericht in Den Bosch, dass die neuen Kameraüberwachungen sehr wohl den Charakter permanenter Grenzkontrollen haben. Daraufhin passte man von Seiten der niederländischen Behörden das System noch einmal an und entschärfte es. Laut Minister Gerd Leers (Migration und Asyl) sind bezogen auf den Datenschutz, die Privatsphäre und den Umfang der Überwachungen nun alle geltenden Regeln erfüllt. Anfang Juli meldeten dann auch einige niederländische Tageszeitungen, dass die Europäische Kommission – solange die Kontrollen nicht den Charakter der früheren Grenzkontrollen haben – an dem Überwachungssystem nichts mehr auszusetzen habe. Zu diesem Schluss kam die Kommission laut Aussage ihrer Kommissarin für Inneres Cecilia Malmström nach der Sichtung von Daten, die der Kommission durch die niederländischen Behörden zur Verfügung gestellt wurden.

Die festinstallierten kameragestützten Überwachungssysteme sind von nun an an folgenden deutsch-niederländischen Grenzübergängen im Einsatz:, Stein an der A4, Tegelen an der A61, Roermond an der A52, Venlo an der A40, Bergen an der A57, Zevenaar an der A3, Enschede an der B54, Losser an der A30, Emmen an der B402 sowie Reiderland an der A280. Deutschen Behörden ist der Zugriff auf die durch das Überwachungssystem erhobenen Daten im Übrigen nicht möglich, wie eine Sprecherin des niedersächsischen Innenministeriums mitteilte. Es gebe aber eine effektive und intensive Zusammenarbeit der Behörden beider Länder, so die Ministeriumssprecherin.