Nachrichten April 2012


WIRSTSCHAFT: „Die Niederlande drohen den Anschluss zu verlieren“

Düsseldorf/Den Haag. AF/SPon/WiWo/WO. 19. April 2012.

Die Niederlande geraten wirtschaftlich weiter unter Druck. Sparen alleine reicht nicht mehr, auch strukturelle Reformen tun not, doch konkrete Umsetzungspläne lassen auf sich warten. „Der Abstand zu Deutschland und den anderen „AAA“-Staaten wächst – Die Niederlande drohen den Anschluss zu verlieren“, so Friso Wielenga, der Direktor des Zentrums für Niederlande-Studien an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster heute im Interview mit der Wirtschaftswoche, dem führenden Wirtschaftsmagazin in Deutschland.

Die Banken- und daraus erwachsene Wirtschaftskrise der letzten Jahre hat der exportorientierten niederländischen Ökonomie stark zugesetzt. Harte Sparmaßnahmen, welche die niederländische Regierung bereits 2010 beschlossen hatte, brachten nicht die erhoffte Wende. Seit einigen Monaten zeigen die Zahlen, dass sich die niederländische Wirtschaft in einer Rezession befindet (NiederlandeNet berichtete). Deshalb angestrengte Reform- und Sparverhandlungen zwischen den Regierungspartnern dauern inzwischen bereits viel länger als zunächst veranschlagt (NiederlandeNet berichtete).

Weshalb unser Nachbarland sich so schwertut, einen Ausweg aus der Krise zu finden, versucht die Wirtschaftswoche im heute publizierten Interview mit Niederlande-Kenner Wielenga zu klären. Dieser sieht vor allem den Rechtspopulisten Geert Wilders als bremsenden Faktor. „Das Problem ist die politische Situation in den Niederlanden. Ministerpräsident Mark Rutte führt eine Minderheitsregierung, die von dem Rechtspopulisten Geert Wilders toleriert wird. Seine Freiheitspartei, die nicht nur islamfeindlich ist, sondern eher linke, arbeiternehmerfreundliche Positionen besetzt, weigert sich, den Arbeitsmarkt zu reformieren. Ihr Credo ist klar: Keine Sparmaßnahmen im sozialen Bereich, keine Sparmaßnahmen zu Lasten der Arbeitnehmer. Das sind sie ihren Wählern schuldig“, so Wielenga auf die Frage, weshalb Struktur-Reformen in den Niederlanden auf sich warten ließen.

Dabei wäre die Meldung aus Den Haag, dass man endlich eine Einigung erlangt hat, dringend nötig. Nach der Rating-Agentur Standard & Poor`s, die bereits im Dezember vergangenen Jahres die Niederlande vor dem Verlust des Top-Ratings gewarnt hatte (NiederlandeNet berichtete), erklärten nun auch Fitch-Ratings, es drohe eine Herabstufung. Das Land setze seinen AAA-Status aufs Spiel, wenn es seine Sparmaßnahmen nicht schnell umsetze oder zulasse, dass politische Konflikte die Wirtschaft beeinträchtigen, so Welt Online heute.

Wielenga will dennoch nicht schwarzsehen: „Die Lage ist ernst und wenn sich die Rezession verlängert ist auch auf lange Sicht das niederländische Top-Rating in Gefahr. Aber ich glaube und hoffe, dass die politische Führung den Ernst der Lage erkennt – und mit Wilders oder als Mehr-Parteien-Block ohne Wilders – die nötigen Reformen auf den Weg bringt.“