Nachrichten April 2012
POLITIK: Türkischer Staatspräsident Gül in den Niederlanden (nicht) willkommen
Amsterdam. AF/Hürriyet/KH/TG/NOS/NRC. 17. April 2012.
Um die bereits seit 400 Jahren bestehenden diplomatischen Beziehungen zwischen den Niederlanden und der Türkei zu feiern und weiter zu festigen, besucht der türkische Staatspräsident Abdullah Gül diese Woche auf Einladung von Königin Beatrix die Niederlande. Im Vorfeld wurde der Staatsbesuch durch eine Twitter-Meldung des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders (PVV) etwas getrübt, wonach Gül in den Niederlanden nicht willkommen sei.
„Türkischer Humor: Christen-Quäler, Kurden-Killer, Hamas-Freund und Islamist Gül klagt über Intoleranz. #gulstayhome“, so Wilders Tweet am vergangenen Samstag, mit dem er auf ein Interview reagierte, welches Gül vor seiner Reise der niederländischen Tageszeitung De Telegraaf gegeben hatte. Darin hatte Gül vor einer wachsenden Angst vor dem Islam in Europa gewarnt und zu mehr Toleranz aufgerufen. Auf Wilders Angriff reagierte der türkische Präsident gelassen. Gegenüber der englischen Ausgabe der türkischen Zeitung Hürriyet erklärte er: „Diese Art von Menschen gibt es in jedem Land. In pluralistischen Ländern kann es Politiker geben, die extreme Ansichten vertreten.“ Würde er Wilders während seines Besuches in den Niederlanden begegnen, so hätte er kein Problem damit, ihm zur Begrüßung die Hand zu schütteln.
Seinen dreitägigen Staatsbesuch beginnt Gül heute im Paleis op de Dam. Nach dem Empfang durch die Königin, steht eine Kranzniederlegung am Nationalmonument auf dem Programm. Am Nachmittag wird Gül zusammen mit Königin Beatrix, Kronprinz Willem-Alexander und Prinzessin Máxima die Ausstellung „De kamer van de Levantse Handel“ im Amsterdamer Museum eröffnen, die sich mit den frühen Handelsbeziehungen zwischen dem Osmanischen Reich und den Niederlanden befasst. Anschließend wird Gül einem Treffen niederländischer und türkischer Unternehmer beiwohnen. Vor allem diesem Punkt wird von den niederländischen Medien große Aufmerksamkeit gewidmet. „Die wachsende türkische Wirtschaft bietet niederländischen Produzenten viele Exportmöglichkeiten. Und ein Exportwachstum ist nötig, um die Niederlande aus ihrem ökonomischen Tief (NiederlandeNet berichtete) zu holen“, so das NRC Handelsblad. Man erhofft sich, durch den Staatsbesuch eine Vertiefung der bilateralen Beziehungen auf höchstem Niveau.
Das Ansinnen, die Beziehungen zwischen den Ländern zu intensivieren, wird auch kulturell unterstützt. Die langen diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern werden durch ein Kulturaustauschprogramm noch das ganze Jahr über gefeiert: Das Turkije Instituut (Türkei-Institut) und SICA, die niederländische Stiftung für internationale kulturelle Aktivitäten, haben zusammen mit dem niederländischen Außenministerium ein Türkei-Niederlande-Programm 2012 aufgestellt. Die Agenda, die sowohl Kulturveranstaltungen in der Türkei als auch in den Niederlanden listet, kann unter www.culturalexchange-tr.nl eingesehen werden. Hier findet man zum Beispiel die oben erwähnte Ausstellung „De kamer van de Levantse Handel“ – und deren türkisches Pendant zum selben Thema, das zeitgleich im Petra Museum in Istanbul zu sehen ist.