Nachrichten November 2011



GESELLSCHAFT: „Zwarte Piet ist Rassismus“

Dordrecht. RH/TR/VK. 16. November 2011.

Jedes Jahr wird in den Niederlanden der Einzug des „Sinterklaas“ (dt. St. Nikolaus) gefeiert. Er kommt, aus Spanien mit einem großen Schiff, in einer niederländischen Stadt an. Anstatt eines Knecht Ruprechts bringt er gleich eine ganze Mannschaft von liebevollen Helferlein mit – die „zwarte Pieten“ (dt. schwarze Peter). Der zwarte Piet wird als dunkelhäutiger Mann dargestellt. Zur Nikolauszeit malen sich die hellhäutigen Niederländer deshalb mit schwarzer Farbe ein dunkles Gesicht. Was zunächst harmlos klingt sorgte am vergangenen Wochenende in Dordrecht für viel Unruhe. Eine Gruppe friedlicher Demonstranten, die Anstoß am zwarte Piet nahmen, wurden brutal von der Polizei abgeführt.

Unter den Protestierenden befand sich Quincy Gario, ein berühmter Dichter aus Curaҫao. Der Pazifist sowie ein weiterer Anhänger der Gruppe trugen ein Transparent und T-Shirts mit der Aufschrift „Zwarte Piet is racisme“ (dt. „Schwarzer Peter ist Rassismus“). Die Polizei forderte die Männer auf, sich aus der Menschenmasse zu entfernen und das taten sie auch. Kurze Zeit später tauchten sie jedoch erneut auf. Diesmal kamen sie ohne das Transparent, allerdings trugen sie nach wie vor ihre T-Shirts mit dem provokanten Schriftzug. Daraufhin beschloss die Polizei, mit Gewalt gegen die Protestierenden vorzugehen und sie festzunehmen. Unter den Festgenommenen befanden sich zwei weitere Männer, ein dänischer Wissenschaftler und ein Journalismus-Student. Im Internet ist ein Handyvideo dieses Vorfalls zu finden, welches einen dunkelhäutigen Mann zeigt, der von drei Polizisten inmitten einer Menschentraube zu Boden gedrückt wird. Der Minister von Curaҫao, Sheldry Osepa, bewertete den Vorfall als Besorgnis erregend. Er habe das Video mit einem Gefühl von Wut gesehen, sagte er in einem Interview mit der niederländischen Tageszeitung de Volkskrant. Die Polizei rechtfertigte ihr Auftreten damit, dass sehr viele Kinder in der Stadt unterwegs gewesen seien. Man habe aus diesem Grund ein Demonstrationsverbot verordnen müssen.

Seit einigen Jahren entsteht in den Niederlanden jedes Mal zur Nikolauszeit eine Diskussion um den zwarte Piet. Auch die zahlreichen Reaktionen im sozialen Netzwerk Facebook beweisen die Unsicherheiten, die bei diesem Thema entstehen. Im Jahr 2006 versuchten die niederländischen Medien zur Entschärfung der Diskussion bunte Pieten einzuführen. Sinterklaas sei angeblich mit seinem Schiff durch einen Regenbogen gefahren, wodurch sich die bunte Farbe in den Gesichtern der Pieten erklären soll. Die gekleurde Pieten konnten sich allerdings nicht durchsetzen.

Über die Herkunft des zwarte Piet gibt es viele Mythen und Legenden. In der niederländischen Tradition kommt Sinterklaas aus Spanien, das in der Vergangenheit von Mohren (Mauren) besetzt war. Aus dieser geschichtlichen Vergangenheit heraus erkläre sich, warum der zwarte Piet schwarz sei. Einer anderen Theorie zufolge ist der zwarte Piet ein italienischer Schornsteinfeger, der vom Ruß im Schornstein so schwarz geworden ist. Man kann sein Erscheinungsbild aber auch als eine Karikatur eines Dunkelhäutigen aus Südafrika oder von den niederländischen Antillen, mit roten Lippen, dunkler Hautfarbe und krausem Haar, deuten, wie es die Demonstranten in Dordrecht getan haben.