Nachrichten März 2011


DIPLOMATIE: Kritik an Besuch der Königin im Oman

Den Haag/Maskat. TM/VK. 07. März 2011.

Zwischen Diplomaten aus den Niederlanden und dem Sultanat Oman kommt es aktuell zu einem verstärktem Austausch. Grund dafür ist ein für diese Woche geplanter Staatsbesuch des niederländischen Staatsoberhaupts Königin Beatrix in dem Golfstaat im Osten der Arabischen Halbinsel. Gemeinsam mit Kronprinz Willem-Alexander und seiner Frau Maxima wollte die 63-jährige Monarchin dem dortigen Sultan Qabus ibn Said von Sonntag bis zum morgigen Dienstag einen offiziellen Besuch abstatten. Dieser wurde in der vergangenen Woche jedoch kurzfristig von beiden Seiten abgesagt und auf einen unbestimmten Termin verschoben. Grund dafür waren die aktuellen Unruhen in dem Golfstaat. Beatrix wird am morgigen Dienstag aber dennoch mit Sultan Qabus zusammentreffen. Wie der niederländische Außenminister Uri Rosenthal am vergangenen Freitag in einem Brief an die Zweite Kammer berichtete, ist die Königin vom Sultan nunmehr zu einem privaten Essen  eingeladen worden. Auf der Tagesordnung der Tischgespräche steht die Intensivierung der guten gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen: Jüngst wurde bekannt, dass der Oman eventuell vier Kriegsschiffe in den Niederlanden bauen lassen möchte.

Der Grund für den geplanten, offiziellen Staatsbesuches, der von einer Handelsmission begleitet werden sollte, waren die seit einiger Zeit andauernden Proteste im Oman. Gruppen von Demonstranten forderten von dem seit nunmehr 41 Jahren herrschenden Qabus (70) mehr Demokratie und die Bekämpfung der Korruption. In der vergangenen Woche kam es dabei auch immer wieder zu Schüssen auf Demonstranten. Jetzt, wo es jüngst in mehreren Staaten des Mittleren und Nahen Ostens zu Protesten und Aufständen gegen die dortigen diktatorischen Herrscher kam, wurde auch der vor etwa einem halben Jahr verabredete Staatsbesuch zwischen den Niederlanden und dem Oman zu einem Politikum. Dies führte unter anderem auch dazu, dass sich mehrere der im niederländischen Parlament vertretenen Parteien in der vergangenen Woche für eine Absage des Besuchs aussprachen. Gespräche über eine mögliche Reaktion an die omanischen Diplomaten gab es in der vergangenen Woche deshalb auch zwischen Königin Beatrix und dem Ministerpräsidenten Mark Rutte (VVD). Dieser gab am Freitag nach dem Ende des Ministerrates bekannt, dass der Aufschub des Staatsbesuches auch als klarer Standpunkt zur aktuellen Situation im Oman aufgefasst werden kann. Durch die Annahme der Privateinladung an die königliche Familie, so las man es sich zwischen den Zeilen des niederländischen Premiers, könne dieses Bild aber wieder ein wenig zurechtgerückt werden und ein Gesichtsverlust des omanischen Staatsoberhaupts verhindert werden. Beatrix und Rutte vereinbarten gemeinsam, dass es „sehr vernünftig“ sei, um die Einladung zu einem Privattreffen anzunehmen.

Wie aus Berichten der heutigen Ausgabe von de Volkskrant hervorgeht, sind beide Staaten durch tiefgreifende Wirtschaftsbeziehungen miteinander verbunden, was ebenfalls als Erklärungsgrund für die nun doch – wenn auch in einem kleineren Rahmen – stattfindenden Gespräche herhalten kann. So bohrt der niederländische multinationale Konzern Shell in dem Wüstenstaat bereits seit Jahren nach Öl und hat unlängst eine Verlängerung der alleinigen Bohrrechte erhalten. Zudem ist das Rotterdamer Hafenunternehmen zur Hälfte Eigentümer der omanischen Hafengesellschaft. Ein weiterer großer Wirtschaftscoup sollte allerdings erst noch geschlossen werden: Wie de Volkskrant meldet, plant Oman den Kauf von Marineschiffen aus den Niederlanden im Wert von mehreren hundert millionen Euro. Die dortige Werft Damen Schelde hatte sich um die Vergabe eines Auftrags über vier Fregatten beteiligt. Dessen Direktor René Berkvens sollte deshalb auch Teil der Handelsmission sein, welche die Monarchin in den Oman begleiten sollte.

Als diese Zusammenhänge bekannt wurden, gingen verschiedene Abgeordnete aus der Zweiten Parlamentskammer scharf mit dem Premier und der Königin ins Gericht. So wollte der SP-Parlamentarier Harry van Bommel von Ministerpresident Rutte wissen, wie die anvisierten Rüstungsexporte mit der Privateinladung der Königin zusammenhängen. Van Bommel selbst sei von den Berichten von de Volkskrant „unangenehm überrascht“ gewesen. Er sei generell bereits gegen einen Staatsbesuch im totalitären Oman gewesen, das Bekanntwerden der aktuellen Rüstungspläne verstärke seinen Wiederstand nun aber noch mehr. Auch wenn die Marineschiffe offiziell „nur“ zur Bekämpfung von Piraten eingesetzt werden sollen gelte weiterhin die ältere Forderung  der sozialistische Partei für ein komplettes Waffenembargo in der gesamten Region des Nahen und Mittleren Ostens.

Noch bevor Bekanntwerden der Rüstungskomponente in den bilateralen Beziehungen zwischen den Niederlanden und dem Oman äußerte sich am Sonntag auch der PVV-Politiker Geert Wilders mithilfe des Kurznachrichtendienst Twitter zur aktuellen Lage: „Das die Königin mit diesem Diktator zu Abend essen wird ist sehr dumm!“ hieß es dazu nicht gerade in einem diplomatischen Ton von Wilders. Wilders reagierte mit seiner Reaktion auf eine am gestrigen Sonntag im Oman stattgefundene Demonstration gegen das Staatsoberhaupts Qabus.

Neben der Königin bekommt auch der Ministerpräsident die Kritik aus seinem Land über die Vorgehensweise in der Causa Oman zu hören. Man fragt sich, ob der Premier bei den Gesprächen mit der Königin überhaupt genug Druck auf das Staatsoberhaupt ausgeübt hat und sich nicht von dem Kompromiss eines „Privatbesuchs“ hat überreden lassen. Nachdem Rutte sich bereits am vergangenen Dienstag den kritischen Fragen der Parlamentsabgeordneten in dieser Sache stellen musste, wird er aufgrund der neuen Erkenntnisse in dieser Woche wohl wiederum vor der Zweiten Kammer vorstellig werden müssen.