Nachrichten Januar 2011
AFGHANISTAN: Kabinett plant Trainingsmission
Den Haag. TM/NOS/TR. 07. Januar 2011.
Nachdem das Kabinett Balkenende IV vor beinahe einem Jahr am niederländischen Militäreinsatz in Afghanistan zerbrochen war und der Abzug der Streitkräfte aus der Provinz Uruzgan im vergangenen Jahr eingeleitet wurde, hat die Regierung Rutte jetzt neue Pläne für einen Afghanistan-Einsatz beschlossen. Wie beim heutigen Ministerrat entschieden wurde, plant die niederländische Minderheitsregierung von VVD und CDA die Entsendung von 545 Polizei- und Militärkräften für eine Trainingsmission in der Region Kunduz im Norden Afghanistans. Die Mission soll bis zum Jahr 2014 andauern.
Wie bei einer Pressekonferenz am Freitagnachmittag bekanntgegeben wurde, soll es sich bei dem neuen Afghanistan-Einsatz nicht um einen Kampfeinsatz handeln. Hauptzweck der Entsendung der 545 Kräfte ist allein die Schulung afghanischer Polizeikräfte. Stationiert werden sollen sie in den Lagern der Bundeswehr, die dort unter Nato-Mandat im Einsatz ist. Ebenfalls unter Nato-Mandat wird auch der Großteil der neuen niederländischen Delegation tätig werden und afghanische Kollegen während ihrer Tätigkeit weiterbilden und trainieren. Der restliche Teil des Kontingents – hier vor allem die beteiligten Polizeikräfte – soll unter der Flagge der europäischen Polizeimission EUPOL operieren und die Ausbildung der afghanischen Polizei unterstützen. Sollte es bei der Arbeit zu Angriffen auf die niederländischen Militärs kommen, dürften diese sich selbst verteidigen – ein aktiver Kampfeinsatz gegen feindliche Taliban ist allerdings nicht Teil der Mission. Unterstützend bei der Sicherung der niederländischen Kräfte würden nach den Plänen des Kabinetts vier F-16-Kampfflugzeuge wirken, welche zur Zeit noch in der Region Kandahar stationiert sind und später von Mazar-e-Sharif aus den Luftraum im Norden Afghanistans überwachen könnten.
Da die niederländischen Regierungsparteien nicht über eine Mehrheit in der Zweiten Kammer verfügen und der Duldungspartner PVV von Geert Wilders jedwede Unterstützung eines Afghanistan-Einsatzes ausgeschlossen hat, muss sich das Kabinett die notwendigen Stimmen für eine Mehrheit in den Reihen der Opposition suchen. Dort hat sich bereits die SP gegen einen militärischen Einsatz ausgesprochen. Mit der PvdA ist zudem wahrscheinlich auch die größte Oppositionspartei gegen die Regierungspläne. Für sie wird zu sehr von einer Militärmission gesprochen; die Frage, ob niederländische Militärs in Afghanistan stationiert werden dürfen, hatte die PvdA 2010 nicht zuletzt auch mit der Weiterführung des sodann gestürzten Kabinetts Balkenende IV verbunden. Anders sieht es bei der kleinen Oppositionspartei SGP aus, welche die Pläne vollständig unterstützt. Übrig bleiben aus den Reihen der Opposition somit noch die drei Parteien GroenLinks, D66 und ChristenUnie, deren Unterstützung für die Umsetzung der Pläne des Kabinetts notwendig wäre. GroenLinks und D66 hatten ihren Standpunkt bis zuletzt noch nicht nach Außen deutlich gemacht, aber auch sie sind der Auffassung, dass eine derartige Mission keinen militärischen Charakter haben dürfe. Klarheit über das Zustandekommen einer Mehrheit dürfte die nun anstehende Parlamentsdebatte bringen, welch vermutlich in der nächsten Woche stattfinden wird.