Nachrichten Dezember 2011
JAHRESWECHSEL: Niederländer lassen es richtig krachen
Amsterdam/Den Haag/Gronau. TM/AT5/UvA/VK/WN. 31. Dezember 2011.
Seit heute Morgen um 10 Uhr darf in den Niederlanden offiziell Feuerwerk gezündet werden; verkauft werden dürfen Raketen und Knallkörper seit Donnerstag. Ein Dauerkonzert von Knallen und Zischen ergibt sich – ganz zum Missfallen vieler Bürger, Politiker sowie von Polizei- und Feuerwehrvertretern – jenseits der Grenze jedoch bereits lange vor dem letzten Tag des Jahres. Wie die im westlichen Münsterland erscheinenden Westfälischen Nachrichten aus der Grenzstadt Gronau nun berichten, gehören auch viele Deutsche, die entlang der Grenze wohnen, zu den Kritikern des exorbitanten Feuerwerkgebrauchs in unserem Nachbarland. Daneben gingen aber auch in den Niederlanden selbst bereits etliche Meldungen und Beschwerden bei der Polizei ein. Nicht zuletzt sind es aber auch Tier- und Umweltschützer, welche den kollektiven Feuerwerkkonsum zum Jahreswechsel kritisieren und am liebsten verbieten wollen.
Fährt man dieser Tage über die deutsch-niederländische Grenze, dann wird man von allen Seiten mit etlichen Salutschüssen und Knallern begrüßt. Schreckhaft darf man dabei nicht sein, denn jederzeit kann rechts und links von einem ein Böller oder eine Feuerwerksrakete explodieren, die zumeist von Jungs oder Männern zuvor entzündet wurden. Wer die Augen schließt, mag sich an die Befreiung der Niederlande im Mai 1945 erinnert fühlen – durch die Heftigkeit und Dauerhaftigkeit der traditionellen niederländischen Knallerei zum Jahreswechsel ist dieser Vergleich gar nicht einmal so abwegig. Denn wie die Westfälischen Nachrichten am Mittwoch berichteten, zucken viele deutsche Grenzbewohner in diesen Tagen regelmäßig zusammen, wenn in den Niederlanden die Böllerei wieder losgeht. Fast in jedem Jahr würden sich in der Lokalredaktion im Grenzort Gronau viele Anwohner melden, die sich durch das frühzeitige Knallen der Nachbarn jenseits der Grenze belästigt fühlen.
Polizei geht vor allem gegen illegales Feuerwerk vor
Beschwerden scheinen jedoch ohne große Aussicht auf Erfolg zu sein, da sich die Polizei weniger auf jene Feuerwerk-Sünder konzentriert, die sich nicht an die zeitlichen Beschränkungen halten, sondern auf jene, welche mit illegalen, nicht zugelassenen Feuerwerkskörpern hantieren oder Feuerwerk nicht vorschriftsgemäß transportieren oder lagern. Zur Aufspürung solcher Fälle werden sogar regionale Spezialteams eingesetzt. Im Hinterkopf ist dabei sicherlich noch die Feuerwerkskatastrophe in der niederländischen Grenzstadt Enschede, bei der im Mai 2000 eine Feuerwerksfabrik, die in einem Wohngebiet stand explodierte und dabei einen ganzen Stadtteil zerstörte.
Wie auf der Website der niederländischen Staatsanwaltschaft nachzulesen ist, wurden bis vorgestern insgesamt rund 86.000 Kilo an Feuerwerkskörpern in Beschlag genommen – das ist etwas mehr als zum selben Zeitpunkt des vergangenen Jahres (rund 80.000 Kilo). In Amsterdam gingen bei der Polizei bis gestern bereits etwa 50 Meldungen in Bezug auf Ruhestörung durch Feuerwerk ein: „Diese Meldungen variierten von harten Knallen bis hin zu Kindern, die Feuerwerkskörper aufeinander warfen oder gegenseitig Böller in ihre Kleidung stopften“, meldete die dortige Polizei nach Angaben des Regionalsenders AT5.
Tierschutzpartei fordert Verbot von Feuerwerk
Einwände ganz anderer Art gegen das traditionelle Silvesterfeuerwerk hat in den Niederlanden die Tierschutzpartei PvdD. Sie kritisiert die negativen Folgen der großflächigen Knallerei für Menschen, Tiere sowie die Umwelt und stellt wie bereits im vergangenen Jahr eine Parlamentsanfrage zu diesem Thema: „Es muss ein Ende kommen an dem Elend, welchen mit dem knallenden Jahreswechsel einhergeht“, heißt es dabei in einer Pressemitteilung der Partei. „Als Folge der Knallerei erleiden jährlich hunderte Menschen ernste Verletzungen, darunter viele Kinder. Das Feuerwerk bereitet millionen Tieren viel Angst und Stress. Feuerwerk enthält darüber hinaus Schwermetalle und sehr giftige Stoffe, die Boden, Luft und Wasser ernsthaft verschmutzen“, so die Partei weiter. Laut Zahlen der PvdD beträgt die Summe des Schadens, der alljährlich durch Feuerwerkskörper in den Niederlanden entsteht, einen Betrag von minimal 500 Millionen Euro. Nach dem Ende der Knallerei muss zudem drei Millionen Kilo an Abfall im gesamten Land weggeräumt werden. Aus diesem Grund soll nach Ansicht der Tierschützer zukünftig nur noch erlaubt sein, Feuerwerk in professionellen Feuerwerkshows abzubrennen.
Die von der PvdD beschriebenen negativen Folgen für die niederländische Fauna unterstreicht aktuell eine Studie von Biologen der Universität von Amsterdam. Die Forscher veröffentlichen in der Fachzeitschrift Behavioral Ecology im November einen Artikel, indem sie beschreiben, dass man in den vergangenen Jahren auf den Radarbildern des niederländischen meteorologischen Instituts KNMI jeweils um kurz nach Mitternacht zum Jahreswechsel große Aktivitäten erkennen konnte. Diese kamen jedoch nicht etwa von den vielen tausenden Raketen, die zu diesem Zeitpunkt in die Luft fliegen, sondern von zehntausenden von Vögeln, die als Reaktion auf das Feuerwerk, gleichzeitig in die Luft gehen. Diese bleiben für etwa eine Dreiviertelstunde in einer Höhe bis zu 500 Meter in der Luft und erst gegen halb 2 Uhr kehre wieder Ruhe bei den Vögeln ein. Auf einer Website kann jeder dieses Phänomen während des Jahreswechsels mit verfolgen.
Wer mehr über niederländische Traditionen zum Jahreswechsel wissen möchte, dem sei unser neues Dossier Volkskultur und Traditionen empfohlen.