Nachrichten Dezember 2011
TIERSCHUTZ: Gesetzesinitiative zum Schächtverbot scheitert in der Ersten Kammer
Den Haag. AF/EJP/FAZ/NRC/RNW/VK. 14. Dezember 2011.
Ein allgemeines Verbot, Tiere unbetäubt auf rituelle Weise zu schlachten, wird es in den Niederlanden nicht geben. Im niederländischen Senat bekam der Gesetzesentwurf der Partei für die Tiere (PvdD) hierzu in einer Nachtsitzung von gestern auf heute keine Mehrheit.
Generell ist das Schlachten ohne Betäubung in den Niederlanden schon länger verboten, für religiöse Zwecke besteht jedoch eine Ausnahmeregelung. Die Gesetzesinitiative der PvdD-Abgeordneten Marianne Thieme sah vor, diese Ausnahme im Gesetz abzuschaffen. Im Frühjahr hatte sie dafür eine breite Mehrheit in der Zweiten Kammer hinter sich. Die Erste Kammer hingegen erklärte, dass das Grundrecht auf Religionsfreiheit Vorrang habe.
Die niederländische Politik beschäftigt sich bereits seit einigen Monaten mit der Frage nach den „besten Schlachtmethoden“ (NiederlandeNet berichtete). Die wissenschaftliche Mehrheitsmeinung neigt dazu, eine Betäubung vor der Schlachtung für besser für das Tier zu halten. Lody van de Kamp, Rabbiner und Schächter in Amsterdam, hingegen wird von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit den Worten zitiert: „Wenn Sie sich mit einem scharfen Messer in den Finger schneiden, dann tut es am Anfang gar nicht weh, weil der Schock betäubt. Erst später kommt der Schmerz. Aber das Tier ist dann schon tot.“ Doch während jüdische Schächter 6 Jahre zum ‚Schochet‘ ausgebildet werden, sieht der Islam keine Ausbildung zum Schächter vor. In den Halal-Schlachthöfen brauche es deshalb oft mehr als einen Versuch, bis die Halsschlagader des Tieres durchtrennt sei. Ronnie Eisenmann, der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Amsterdam, warf Thieme deshalb Anfang des Jahres vor, sie ließe die Juden für die Probleme der Muslime büßen. Dementsprechend freudig reagierte die jüdische Gemeinde in den Niederlanden auf das Scheitern des Gesetzesentwurfs. Die European Jewish Press zitierte Eisenmann mit den Worten, die niederländischen Juden seien erleichtert, „dass der Senat uns zwar zur Verbesserung des Tierwohls anhält, aber dennoch den Gesetzesentwurf nicht unterstützt hat“.
Denn ein paar Veränderungen werden wohl trotz der Ablehnung des Gesetzesvorschlags vorgenommen. Staatssekretär für Landwirtschaft und Umwelt, Henk Bleker, machte den Kompromissvorschlag, Regeln zu erlassen, die das Leiden des Tieres bei der Schächtung auf ein Minimum beschränkten. „ Wesentliche Veränderungen, wesentliche Verbesserungen müssen bei der rituellen Schlachtung stattfinden. Das können zum Teil auch Veränderungen sein, die vielleicht für bestimmte Minderheiten innerhalb der Minderheiten zu weit gehen, aber das ist dann halt so.“ Laut Bleker könnten sich solche Regeln sowohl auf die Zahl der Tiere, die geschächtet werden sollen als auch das Qualitätsniveau des Schlachtbetriebes erstrecken. Der Senat bat ihn, seine Pläne in Kürze in einer schriftlichen Form vorzulegen.