Nachrichten Dezember 2011



WIRTSCHAFT: „2012 wird ein schweres Jahr“

Den Haag. AF/CPB/DW/NRC/rtl.nl/Telegraaf/VK. 14. Dezember 2011.  

Die niederländische Wirtschaft befindet sich in einer Rezession. Die letzten beiden Quartale des Jahres 2011 weisen ein schrumpfendes Wirtschaftswachstum aus, so die gestern publizierten Zahlen des niederländischen Centraal Planbureau (CPB). Auch für nächstes Jahr prophezeit das CPB ein sinkendes Wirtschaftswachstum sowie steigende Arbeitslosenzahlen.

Das CPB, ein dem niederländischen Wirtschaftsministerium zugeordnetes unabhängiges Wirtschaftsforschungsinstitut, veröffentlichte gestern in seinem Dezembergutachten neben der Analyse der aktuellen wirtschaftlichen Situation auch eine Voraussage für die wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden Monaten. Neben den bereits erwähnten schlechten Wachstums- und Arbeitslosenprognosen, sieht es auch für die niederländische Staatsverschuldung nicht gut aus. Laut CPB wird das Haushaltsdefizit nächstes Jahr um 0,4 Prozent höher liegen, als die im Koalitionsabkommen der niederländischen Regierung festgelegte Obergrenze von 3,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

In der Pressemitteilung des CPB heißt es, man rechne mit einem ‚Durchwurstel-Szenario‘, wonach die Schuldenkrise zwar nicht schnell gelöst werde, jedoch auch keine weitere Talfahrt zu befürchten sei. Das Gutachten geht davon aus, dass die Finanzmärkte im Laufe des nächsten Jahres zur Ruhe kommen und das Wirtschaftswachstum ab Mitte 2012 wieder anziehen wird.

Maxime Verhagen, der niederländische Wirtschaftsminister, erklärte in einer ersten Reaktion, dass 2012 ein schweres Jahr werden würde. „Wir alle werden die schlechtere Wirtschaftslage zu spüren bekommen.“ Laut Verhagen müssen jetzt Maßnahmen und Reformen durchgeführt werden, die nicht nur Geld in die Staatskasse spülten, sondern auch eine Perspektive böten, wie man aus diesen wirtschaftlich schweren Zeiten herauskäme.

Ist also Sparen angesagt? Das Koalitionsabkommen der aktuellen niederländischen Regierung aus der christdemokratischen CDA, liberaler VVD und Duldungspartner PVV sieht bereits eine Haushaltssanierung durch einen harten Sparkurs – vor allem im Kulturbereich – vor (NiederlandeNet berichtete). Angesichts der schlechten Wirtschaftsaussichten spekuliert die niederländische Presse nun über weitere Einsparungen. So stellte de Volkskrant letzte Woche unter der Überschrift „Wo kann das Kabinett noch ein paar Milliarden zusammenscharren?“ Vermutungen über mögliche Einsparungsfelder an: Entwicklungszusammenarbeit, Arbeitsmarkt, Gesundheitssektor und Wohnungsmarkt.

Doch Einsparungen in diesen Bereichen könnten zur Zerreißprobe für das Kabinett werden. Den ‚hypotheekrenteaftrek‘ – also die Möglichkeit, die Hypothekenzinsen von der Steuer abzusetzen –will die PVV auf jeden Fall beibehalten. „Diese Sicherheit darf den niederländischen Immobilienbesitzern nicht genommen werden“, so Geert Wilders (PVV), „Auch die VVD und der CDA müssen in dieser Frage Rückgrat zeigen.” Die CDA hingegen möchte das Budget für die Entwicklungshilfe nicht antasten.

Zu den internen Problemen kommt außerdem, dass sich die Niederlande folgendes Jahr mit der prognostizierten Staatsverschuldung nicht an den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt halten kann. Dabei waren die Niederlande eins der Länder, die sich dafür stark gemacht haben, dass Länder, welche die Grenze von 3 Prozent des BIPs überschreiten, automatisch Sanktionen auferlegt bekommen.

Gegen weitere Einsparungen spricht allerdings die Sorge, dass man die niederländische Wirtschaft damit „kaputtspare“. Neben den Experten des CPB bezogen auch die Oppositionsparteien gegen Einsparungen während der Rezession Stellung. Die besseren Möglichkeiten, Geld einzusparen, sehen PvdA, SP und D66 deshalb in der Reformierung bestehender Strukturen, z.B. die Anhebung des gesetzlichen Rentenalters oder eben die Abschaffung des ‚hypotheekrenteaftrek‘.

Das Kabinett ließ bereits wissen, dass Beschlüsse zum Thema erst im Februar oder März getroffen werden würden, wenn neue Zahlen des CPB vorlägen.