Nachrichten August 2011
GRENZSTREIT: Streit um Windpark zwischen Deutschland und den Niederlanden
Eemshaven/Borkum. AKS/DN/gelderlander.nl/nu.nl/sueddeutsche.de/ZDF. 15. August 2011.
Der geplante Bau eines deutschen Windparks in der Nordsee sorgt für Streit zwischen den Niederlanden und Deutschland. Konkret geht es um ein Gebiet nordwestlich der deutschen Ferieninsel Borkum und nordöstlich der niederländischen Wattinsel Schiermonnikoog. Hier sollen im Auftrag des deutschen Energiekonzerns EWE dreißig Windmühlen entstehen, die rund 100.000 deutsche Haushalte mit Strom versorgen sollen. Unklar ist, ob der geplante Windpark, der sogenannte Riffgat, in deutschen oder in niederländischen Gewässern stehen wird, denn beide Länder sind davon überzeugt, dass die betroffene Region in der Nordsee zu ihrem Gebiet gehört.
Damit ist ein jahrhunderteralter Grenzstreit zwischen Deutschland und den Niederlanden erneut entfacht. Zwar war 1960 im sogenannten Ems-Dollart-Vertrag die Seegrenze bis drei Meilen vor der Küste festgelegt worden, für das Gebiet außerhalb dieses Bereichs wurde allerdings keine Einigung getroffen. Nach Ansicht der Niederlande verläuft die Grenze zu Deutschland in der Mitte der Ems. Deutschland geht jedoch davon aus, dass die Grenze weiter westlich verläuft. Laut eines Berichts des ZDF berufen sich die deutschen Behörden dabei nicht nur auf Absprachen des Wiener Kongress von 1815, sondern auch auf einen Lehnsbrief aus dem Jahr 1446, in welchem Ulrich Cirksena von Kaiser Friedrich III. zum Reichsgrafen von Ostfriesland und damit auch die komplette Ems zugesprochen wurde. Nach deutschem Recht hat EWE somit alle für den Bau erforderlichen Genehmigungen seitens der deutschen Behörden erhalten. Hiergegen wehren sich jedoch die Niederlande, weshalb der Grenzstreit erneut entfacht ist.
Schon seit zehn Monaten wird daher zwischen der deutschen und der niederländischen Regeriung verhandelt. Bereits mehrere Male seien der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte sowie Außenminister Uri Rosenthal nach Berlin gereist, um diese Frage zu klären. Bisher sei dies jedoch ohne Erfolg gewesen, wie die niederländische Zeitung De Gelderlander berichtet. Dennoch hofft EWE schnell eine Lösung für den Streit finden zu können. „Wir beginnen noch diesen Sommer mit den Vorbereitungen. 2013 müssen die dreißig Windmühlen fertiggestellt sein“, erklärte ein Sprecher von EWE gegenüber der niederländischen Tageszeitung Dagblad van het Noorden. Der Windpark vor Borkum ist Teil eines großräumigen Windpark-Projektes des Energieversorgers. Grund für den Bau der Windkraftanlagen ist der beschlossene Atomausstieg der Bundesrepublik, der eine alternative Energiegewinnung aus Wind- und Sonnenenergie notwendig macht. In diesem Zusammenhang sollen in den kommenden Jahren insgesamt 6.200 Windmühlen gebaut werden, die einen Großteil Deutschlands mit Ökostrom versorgen können. Mit dem Bau des Windparks entstehen in den nördlichen Teilen beider Länder 10.000 neue Arbeitsplätze, die bis 2020 sicher sind.
Doch obwohl der Bau damit ökonomisch diverse Vorteile mit sich bringen würde, sind die Menschen auf Borkum nicht begeistert von dem Vorhaben, wie das ZDF berichtet. Die Sicht auf das offene Meer würde durch den Windpark begrenzt. Der betroffene Bereich liegt darüber hinaus auch in der Nähe des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer. Die Wattvereinigung der Insel fürchtet durch den Bau erhebliche Nachteile und Folgen für die Umwelt: „Flora und Fauna könnten durch den Bau bedroht werden. Durch den Bau entsteht viel Lärm, wodurch bedrohte Tierarten wie der Braunfisch verschwinden könnten“, erklärte ein Sprecher des Vereins.