Nachrichten August 2011
EUTHANASIE: Hausärzte fühlen sich immer öfter unter Druck gesetzt
Amsterdam. AKS/EenVandaag/VK. 01. August 2011.
Seit beinahe einem Jahrzehnt ist die rechtliche Lage bei Euthanasiegesuchen in den Niederlanden geklärt, denn mit dem Inkrafttreten des „Gesetzes über die Kontrolle der Lebensbeendigung auf Verlangen und der Hilfe bei der Selbsttötung“ im Jahr 2002 ist der juristische Hintergrund für Ärzte und Patienten in unserem westlichen Nachbarland festgelegt. Wie sich nun aber aus einer aktuellen Erhebung der niederländischen Fernsehsendung EenVandaag ergab, fühlen sich Hausärzte in den Niederlanden bei Euthanasiegesuchen immer öfter von Patienten und Angehörigen unter Druck gesetzt. Insgesamt 800 Hausärzte befragte EenVandaag in Zusammenarbeit mit der Plattform für Ärzte und medizinische Angestellte HuisartsVandaag zu ihren Erfahrungen und Erkenntnissen zum Thema Euthanasie.
Laut dieser Umfrage fühlen sich zwei von drei (rund 65 %) Hausärzten von Patienten und ihren Angehörigen bei Euthanasiegesuchen unter Druck gesetzt. Zudem ist dieser Druck in den letzten Jahren gestiegen. In einer E-Mail erklärte ein Arzt diesbezüglich gegenüber EenVandaag: „Es war eine sehr unangenehme Erfahrung bei welcher ich beinahe unter Zwang der Familie eine Euthanasie durchgeführt habe, da ich mich so in eine Ecke gedrängt gefühlt habe.“ Und auch andere Befragte gaben gegenüber der niederländischen Fernsehsendung an, dass sie eine Euthanasie durchgeführt hätten, obwohl sie nicht zu 100 Prozent hinter dieser gestanden hätten. Familien und Patienten würden oftmals zu einfach über diese Art zu sterben denken und entscheiden, so die Befragten. Die Entscheidung für eine Euthanasie sei jedoch alles andere als einfach und die Durchführung für den behandelnden Arzt „heftig“, wie eine Ärztin aus Amsterdam erklärte: „Es ist sehr emotional. Denn dadurch, was ich tue, hört jemand auf zu leben.“ Des Weiteren erläuterte die Ärztin: „Rational weiß ich, dass es etwas Gutes ist, was ich tue, aber emotional gesehen, frage ich mich doch, warum ausgerechnet ich es tun muss.“
Seit 2002 ist die Zahl der Euthanasiepatienten um ein Vielfaches gestiegen. Laut EenVandaag wurden 2004 noch 1.886 Euthanasiegesuche durchgeführt, im Jahr 2009 belief sich diese Zahl bereits auf 2.636, was eine Steigerung um mindestens 10 Prozent jährlich ausmacht. Darüber hinaus kam in den letzten Jahren von immer mehr Menschen die Forderung auf, dass Euthanasie kranken Patienten gewährt werden sollte, die Angst vor unerträglichem Leiden haben oder dement sind. Derzeit darf Patienten Euthanasie nur dann gewährt werden, wenn ein „körperlich unerträgliches Leiden“ nachweisbar ist. Nur 36 Prozent der befragten Ärzte sagten, dazu bereit zu sein, Patienten die an Demenz leiden Euthanasie gewähren zu wollen. Nur 14 Prozent würden eine Euthanasie bei Patienten, die Angst vor körperlich unerträglichem Leiden haben, durchführen.
Informationen zur Rechtslage in den Niederlanden zum Thema Euthanasie finden Sie in unserem Dossier „Sterbehilfe in den Niederlanden“. Den vollständigen Bericht von EenVandaag können Sie hier (auf Niederländisch) sehen.