Nachrichten April 2010
POLITIK: Die SGP muss Frauen passives Wahlrecht zugestehen
Den Haag. AKS/TR/VK/sgp.nl/rechtsspraak.nl. 13. April 2010.
Die streng christliche Staatkundig-Gereformeerde Partij (SGP) darf Frauen innerhalb ihrer Partei nicht mehr von den Wahllisten ausschließen und muss ihnen leitende Funktionen innerhalb der Partei einräumen. Dies beschloss am vergangenen Freitag der Hohe Rat (Hoge Raad), das oberste Gericht in den Niederlanden mit Sitz in Den Haag. Der Hohe Rat bestätigte damit ein Gerichtsbeschluss des Raad van State (Staatsrat) aus dem Jahr 2007, der festlegte, dass der Staat den Standpunkt der SGP nicht länger dulden darf.
Die SGP handelt streng nach biblischen Normen, was einen bisherigen Ausschluss von Frauen aus der Partei und von den Wahllisten bedeutete. 2003 hatte eine Anzahl von Organisationen einen Rechtsstreit gegen diese Regelung in Gang gesetzt. Ihre Bemühungen richteten sich vor allem gegen die Duldung des Staates, dass die SGP Frauen aus ihrer Partei ausschließen durfte. In ihren Augen handelte der Staat entgegen des UN-Vertrages über die Gleichberechtigung der Frauen von 1979. Bereits 2005 war ein Gerichtsbeschluss in dieser Sache gefällt worden. Das Gericht hatte den Forderungen der Organisationen stattgegeben und die Subventionierung der SGP durch den Staat verboten, solange die Partei Frauen aus der Partei ausschließe. Dieses Urteil wurde 2007 jedoch aufgehoben, da die Partei erstens Frauen mittlerweile innerhalb der Partei zuließ und zweitens der UN-Vertrag nach Auslegung des Staatrats die Subventionierung nicht verwehre. Sowohl die Partei selbst als auch die Regierung war gegen dieses Urteil in Revision gegangen. Das Urteil stellte aus Sicht der Regierung das Verbot gegen Diskriminierung zu Unrecht über die Religionsfreiheit.
Mit dem neuen Beschluss hat der Hohe Rat nicht nur die Entscheidung des Staatrats bestätigt. Vielmehr ist durch das Urteil „Klarheit in der Rangordnung von diversen Grundrechten in den Niederlanden entstanden“, wie Ministerpräsident Jan Peter Balkenende (CDA) nach der Urteilsverkündung erklärte. Welche genauen Maßnahmen nun gegen die SGP getroffen werden, ist allerdings noch unklar. Auch ob die Partei an den kommenden Wahlen am 9. Juni teilnehmen darf, ist noch nicht geklärt. Innenminister Ernst Hirsch Ballin (CDA) hoffe aber, dass die Partei selbst Schritte einleiten werde.
Die SGP erklärte, sie habe den Gerichtsbeschluss mit Enttäuschung zur Kenntnis genommen und finde es „unbegreiflich“. Weiterhin erklärten zwei weibliche Mitglieder der SGP in der Tageszeitung Trouw, dass der Beschluss des Hohen Rates der „vorläufige Schlussakkord des feministischen Kriegsmarschs gegen die SGP“ sei. Das Urteil habe aber vorläufig keine Folgen für die Aktivitäten der SGP, vor allem, da keine Rede von einem Parteiverbot ist. Die aktuelle Kandidatenliste der SGP umfasst übrigens 30 männliche Kandidaten.