Nachrichten September 2008
FINANZEN: Teilweise Verstaatlichung von Fortis
Brüssel. JOK/ANP/NRC/TR/VK. 29. September 2008.
Die Niederlande, Belgien und Luxemburg kaufen für insgesamt 11,2 Milliarden Euro Teile des angeschlagenen Finanzkonzern Fortis. Das verkündeten am späten Sonntagabend der belgische Ministerpräsident Yves Leterme und der niederländische Finanzminister Wouter Bos nach einem zweitägigen Krisengespräch in Brüssel, an dem unter anderem der EZB-Direktor Jean-Claude Trichet, die EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes, sowie die Notenbankchefs der Niederlande und Belgiens teilnahmen.Leterme berichtete weiter, dass Belgien für 4,7 Milliarden Euro 49 Prozent der Anteile des belgischen Teils des Konzerns übernehmen werde. Der Anteil der Niederlande belaufe sich auf 49 Prozent der Anteile des Versicherungsbetriebs der niederländischen Fortis, wofür 4 Milliarden Euro aufgewendet würden. Luxemburg werde 2,5 Milliarden Euro in einen Kredit für die Forits Banque Luxembourg investieren, was ebenfalls einer Beteiligung in Höhe von 49 Prozent gleichkomme.
Weiterhin werden die ABN-Amro-Anteile verkauft werden müssen und der einflussreiche und ebenso umstrittene Aufsichtsratvorsitzende Maurice Lippens wird zurücktreten, so der Plan der drei Regierungen. Lippens war der Architekt der teuren ABN-Übernahme. Ein Nachfolger werde in Absprache mit der belgischen Regierung gesucht. Fortis hatte sich seit seiner Gründung im Jahre 1990 und mit inzwischen über 85.000 Beschäftigten und 2500 Niederlassungen weltweit, zur Nummer 1 auf dem belgischen Markt und Nummer 2 in den Niederlanden etabliert.
Die Maßnahmen zielen auf den Erhalt der Bank ab und es wurde angestrebt, dass sich das Kernvermögen der Fortis am Ende des dritten Quartals 2008 auf rund 30 Milliarden Euro belaufe. Dazu sei es jedoch notwendig, dass ein Übernahmepreis von mehr als 12 Milliarden Euro für die ABN-Amro-Anteile gezahlt werde. Der spektakuläre Kauf der ABN-Amro vor knapp einem Jahr setzte die Fortis wegen der enormen Schuldenlast stark unter Druck, und die Aktien hatten bereits seit Jahresbeginn rund drei Viertel ihres Wertes verloren. Die fortschreitenden Liquiditätsprobleme der Konzernführung sowie die internationale Kreditkrise und hektische Misskommunikation seitens des Unternehmens führten dazu, dass die Aktien vergangenen Freitag bis zu 21 Prozent ihres Wertes gegenüber dem Vortag verloren. Der Börsenwert der Fortis lag Freitagabend bei nur 12 Milliarden Euro, 5,18 Euro pro Aktie – nur noch ein Fünftel des Kurses im Vergleich zu einem Jahr vorher. Anleger, Sparer und andere Banken schienen das Vertrauen in das Fortismanagement und die Art und Weise der Akquirierung neuer Gelder verloren zu haben. Der Interims-Bank-Chef Herman Verwilst trat schließlich nach nur zweieinhalb Monaten im Amt noch am Freitag zurück und der 52 Jahre alte Filip Dierckx wurde als sein Nachfolger ernannt. Danach begann das Krisentreffen über die Fortis.
Der niederländische Finanzminister Wouter Bos sagte Sonntagabend in einer ersten Begründung, dass die staatliche Intervention der einzige Ausweg gewesen sei, die Fortisbank zu retten: „Wir fühlen uns dazu verpflichtet eine Bank wie Fortis in diesen unruhigen Zeiten aufrecht zu erhalten.“ Er erklärte weiter: „Wir hätten auch nicht eingreifen können. Aber dann hätte sich die Frage gestellt, ob die Fortis den Montagmorgen überlebt hätte. Diese Investition ist kein Fass ohne Boden.“