Letztes Jahr feierte der Deutsche Bundestag sein 70-jähriges Bestehen und neben lobenden Worten hört man auch immer wieder kritische Stimmen: Die Rekordgröße von 709 Abgeordneten, die vermeintlich abnehmende Debattenqualität durch den Einzug der AfD in das Parlament oder die seit Jahren stattfindende Diskussion über Frauenquoten und mangelnde Repräsentativität sowie Vertrauensverlust sind nur einige davon. Damit steht der Bundestag im europäischen Vergleich aber nicht alleine da. Obwohl Parlamente in repräsentativen Demokratien eine Schlüsselrolle spielen, gestalten sich die nationalen Praktiken deutlich unterschiedlich und sind immer wieder auch in der Kritik.

 

Auch in der Politikwissenschaft hat sich in den letzten Jahren ein vermehrtes Interesse an dem legislativen Organ „Parlament“ entwickelt, welches sich an den entstandenen Subdisziplinen wie der (Vergleichenden) Parlamentarismusforschung oder im Englischen den Legislative Studies zeigt. Eine sehr spannende Entwicklung sind dabei auch die immer besser verfügbaren Daten, die aus der parlamentarischen Arbeit entstehen. Etwa die umfassend verfügbaren parlamentarischen Debatten oder die Zahlen zu Abstimmungen oder Redeanteilen bestimmter marginalisierter Gruppen. Die Möglichkeiten der empirischen Analyse haben sich vervielfältigt und sind mehr als einen Blick wert!

 

 

Das Seminar ist in fünf thematische Blöcke unterteilt, die aufeinander aufbauen und miteinander verwoben sind. So werden zunächst die Grundlagen zum Parlamentarismus sowie den Funktionen von Parlamenten als legislative Organe repräsentativ-demokratischer Staaten erarbeitet, um dann einen Blick auf die Funktionslogik von Parlamenten zu werfen (Parlamentarische Geschäftsordnung(en)). Die nächsten drei Blöcke sollen mithilfe von aktuellen Beiträgen aus der empirischen Parlamentarismusforschung den Fokus zunächst auf die Entscheidungsfindung in Ausschüssen sowie das Agenda-Setting der beteiligten Organe und AkteurInnen legen. Anschließend befassen wir uns mit der Logik parlamentarischer Debatten und der Frage: „Wer spricht, warum und wann?“.

 

 

  1. Parlamentarismus und die Funktionen von Parlamenten
  2. Parlamentarische Geschäftsordnung(en)
  3. Parlamentarische Entscheidungsfindung: Ausschüsse und Agenda-Setting
  4. Parlamentsdebatten
  5. Wer spricht, warum und wann?

 

Der Kurs eignet sich für Studierende, die bereits etwas fortgeschritten in ihrem Studium sind. Konkrete Vorkenntnisse zum Thema sind jedoch nicht erforderlich, da wir uns erst eine gemeinsame Basis erarbeiten und dann speziellere Facetten des Themas erkunden.

 

 

Studienleistung:

Aktive Teilnahme am Seminar

Lektüre der Seminartexte

Erstellen von 6 kurzen Reviews zu der Seminarliteratur (als Vorbereitung zu den jeweiligen Sitzungen, die 24h Stunden vor dem Seminar eingereicht werden müssen)

 

 

Prüfungsleistung:

Forschungsexposé und Hausarbeit (Umfang nach Prüfungsordnung)

 

 

Einführende Literatur

Marschall, Stefan (2018): Parlamentarismus. Eine Einführung. 3., aktualisierte Auflage. Baden-Baden: Nomos (Studienkurs Politikwissenschaft).

Martin, Shane; Saalfeld, Thomas; Strøm, Kaare W. (Hg.) (2014): The Oxford handbook of legislative studies. First edition. Oxford: Oxford University Press.

Proksch, Sven-Oliver; Slapin, Jonathan B. (2015): The politics of parliamentary debate. Parties, rebels and representation. Cambridge: Cambridge University Press. Online verfügbar unter https://doi.org/10.1017/CBO9781139680752

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2020/21