Inverse Probleme sind heute eins der Hauptarbeitsgebiete der Angewandten Mathematik. Anders als bei direkten Problemen, bei denen man versucht, physikalische Vorgänge zu beschreiben (etwa durch partielle Differentialgleichungen), versucht man bei inversen Problemen, aus Beobachtungen auf deren Ursache zu schließen.

Typische Anwendungen finden sich zum Beispiel in der Bildverarbeitung. In der Computertomographie versucht man, aus den gemessenen Linienintegralen einer Funktion die Funktion selbst auszurechnen. In der Ultraschalltomographie versucht man, aus reflektierten Schallwellen eines Körpers den Körper zu bestimmen. Im geophysikalischen Problem wird versucht, aus gemessenen reflektierten Schallwellen des Erdinneren, die an der Erdoberfläche gemessen werden, die Zusammensetzung der Erdschichten anzugeben.

Inverse Probleme sind typischerweise schlecht gestellt, d.h. die auszurechnenden Lösungen hängen unstetig von den Parametern ab. In dieser Situation helfen nur spezialisierte numerische Regularisierungen weiter.

In der Veranstaltung werden wir die in der Vorlesung "Inverse Probleme" gelernten Prinzipien auf konkrete Fragestellungen anwenden. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der medizinischen Bildverarbeitung, aber auch andere Anwendungen sind, je nach Interesse der Teilnehmer, denkbar. 

Wir werden insbesondere die folgenden Modalitäten der medizinischen Bildverarbeitung untersuchen:

  1. Computertomographie (CT)
  2. Emissionstomographie (PET, SPECT)
  3. Ultraschalltomographie
  4. (Impedanztomographie)

Alle diese Aufgaben lassen sich interpretieren als Parameteridentifikationsprobleme für partielle Differentialgleichungen. Im ersten Teil der Vorlesung werden wir die Standard-Rekonstruktionsverfahren, die auch in der Klinik angewandt werden, kennenlernen und auf Stabilität untersuchen.

Im zweiten Teil der Veranstaltung sollen aktuelle Themen der medizinischen Bildrekonstruktion durch die Teilnehmer erarbeitet und in einem Seminarvortrag vorgestellt werden. Denkbar sind hier etwa Nichtlineare Regularisierungen und Bildrekonstruktion bei schlechter Datenlage mit Deep Learning.

Die Vorlesung ist für die Master-Module Angewandte Mathematik oder Wissenschaftliches Rechnen anwendbar. Die Vorlesung ist eine Anschlussveranstaltung an die Vorlesung Inverse Probleme von Prof. Wirth aus dem SS 2019, die Inhalte dieser Vorlesung werden in der Veranstaltung vorausgesetzt. Als Anschlussvorlesung an meine Vorlesung Inverse Probleme aus dem SS 2017 ist die Veranstaltung nicht geeignet, die Veranstaltungen überschneiden sich thematisch.

Kurs im HIS-LSF

Semester: WiSe 2019/20