Religiöse Milieus in der funktional differenzierten Gesellschaft - Einzelansicht

In der sozialtheoretischen Literatur (ebenso wie in politischen Diskursen) werden religiöse, hochintegrierte und stark abgegrenzte Milieus teilweise als unvereinbar mit modernen Sozialstrukturen verstanden. Dagegen zeigen historische Untersuchungen, dass etwa der milieuförmige Katholizismus im 19. Jahrhundert für Teile der Bevölkerung den Übergang zur funktionalen Differenzierung nachhaltig unterstützte, weil sich milieuintern zahlreiche spezifisch moderne Sozialformen entwickelten, z.B. vielfältige Vereine, Massenmedien oder Fürsorgeeinrichtungen. In der Gegenwart sind migrantische Milieus (z.B. muslimische oder freikirchliche Einwanderergemeinden) teilweise in einer vergleichbaren Position: Sie bilden einerseits abgegrenzte Sozialräume, unterstützen dadurch aber andererseits die Inklusion ihrer Mitglieder in verschiedene Funktionssysteme. Das Seminar zielt auf exemplarische Analysen solcher Milieus im Blick auf deren strukturelle Einbindung in die funktional differenzierte Gesellschaft.

-           Marc Breuer: Religiöser Wandel als Säkularisierungsfolge. Differenzierungs- und Individualisierungsdiskurse im Katholizismus. Wiesbaden: Springer VS, 2012, S. 105-148.

-           Jan Fuhse: Parallelgesellschaften, ethnische Gemeinschaften oder migrantische Milieus? In: Peter Isenböck; Linda Nell; Joachim Renn (Hrsg.): Die Form des Milieus - zum Verhältnis zwischen gesellschaftlicher Struktur, Differenzierungsform und Formen der Vergemeinschaftung (ZTS, Sonderbd. 1). Weinheim/ Basel: Beltz-Juventa, 2014, S. 189-204.

-           Ludger Pries; Zeynep Sezgin (Hrsg.): Jenseits von ‚Identität oder Integration’. Grenzen überspannende Migrantenorganisationen. Wiesbaden: Springer VS, 2010.