Kommentar |
Alle Wege führen nach Reims – zurück müsste man noch hinzufügen. Alle Wege führen zurück nach Reims. Zumindest verstärkt sich der beschriebene Eindruck, je mehr man sich in die Bücher des französischen Autors und Soziologen Didier Eribon vertieft. Reims bedeutet für ihn, an den Ursprung zurückzukehren, zu seiner Familie, in die Kleinstadt, die eigentlich bereits ein Urteil über seinen Werdegang und seine Person gefällt hat. Denn die Herkunft und das soziale Milieu, aus dem er stammt, prägten und determinieren noch immer sein Leben und dessen Verlauf. In seinem biographischen Selbstversuch ‚Rückkehr nach Reims‘ legt er Herrschaftsmechanismen und die damit einhergehende soziale Scham offen, die die Loslösung aus seinem Herkunftsmilieu begleiten. „Es ging in diesem Buch weniger ‚um mich selbst‘ als um die soziale Wirklichkeit, die überall ihre Urteile spricht und ihre Markierungen hinterlässt, das heißt um die Gewalt, die der Gesellschaft innewohnt und sie sogar definiert.“ Mit dem Instrument der Sozioanalyse schlägt Eribon einen Weg ein, den schon andere Theoretiker*innen, wie beispielsweise Pierre Bourdieu oder Annie Ernaux beschritten haben auf welche er sich auch immer wieder bezieht. Dabei soll im Verlauf des Kurses auch immer wieder ein Bogen zu den theoretischen Klassikern geschlagen werden. Anbieten würden sich je nach Schwerpunktsetzung Exkurse zu Michel Foucault, Pierre Bourdieu, den Genderstudies sowie Intersektionalitätsansätzen, der Sprachphilosophie Jaques Derrida, der Psychoanalyse Freuds oder weiteren sozioanalytischen Selbstversuchen. Folgende Fragen möchten wir dabei im Rahmen des Seminars in den Fokus nehmen: Wie entfaltet Eribon seine These der sozialen Scham? Wie konstituiert und legitimiert sich durch Kategorisierung gesellschaftliche Macht? Welchen Einfluss nehmen diese Prozesse auf die eigene Identität? Lassen sich Kategorisierung und Identitätszuschreibung überwinden? |