Kommentar |
Die Corona-Pandemie stellt Gesellschaften auf allen Ebenen – vom Individuum über Familien, Betriebe und Vereine bis hin zu Gemeinden, Städten und Ländern – vor enorme Herausforderungen. Die Psychologie kann einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die Ausbreitung und Folgen der Pandemie besser zu verstehen. Warum und wann hält sich wer an Social Distancing Maßnahmen? Wer leidet besonders unter der sozialen Isolation und wie lässt sich dies abpuffern? Unter welchen kontextuellen und individuellen Bedingungen führt die Krise zu verstärktem Gemeinschaftsgefühl und Zusammenhalt versus gesellschaftliche Abschottung und Konfrontation?
Im Seminar bekommen die Studierenden die Möglichkeit, individuell ausgewählte Fragestellungen aus dem Forschungsbereich „Persönlichkeit, soziale Interaktion und Wohlbefinden während der Covid-19 Pandemie” projektbezogen zu vertiefen. Vor dem Hintergrund der Literatur und im wissenschaftlichen Diskurs mit der Seminarleitung und den anderen Studierenden werden a) eine eigene Fragestellung und konkrete Hypothesen herausgearbeitet und b) die notwendigen Methoden der Datenerhebung und Datenanalyse diskutiert und festgelegt.
Hierbei können, mit Unterstützung durch die Seminarleitung, je nach individuellem Interesse Fragestellungen bezüglich unterschiedlichster Persönlichkeitsaspekte (z.B. Neurotizismus, Extraversion, Gewissenhaftigkeit, Selbstwert, Narzissmus, politische Einstellung, Neigung zu Verschwörungstheorien), verschiedener Aspekte von Wohlbefinden (z.B. Sorgen, Depressivität, Ängstlichkeit, positive Affektivität, Langeweile, Beziehungszufriedenheit, Selbstsicherheit, Einsamkeit) sowie diverser Interaktionskontexte (z.B. in Partnerschaften, Freundschaften, Familienbeziehungen, Arbeitsbeziehungen; Face-to-face und Online-Kommunikation) ausgewählt und entwickelt werden.
Sukzessive werden wissenschaftliche Standards der Hypothesenableitung und –formulierung sowie der empirischen Überprüfung dieser Hypothesen vorgestellt und diskutiert (inkl. Open Science-Aspekte), auf das eigene Projekt angewandt und im wissenschaftlichen Diskurs geschärft. Im Seminar wird explizit Wert auf einen intensiven Austausch über die einzelnen Projekte gelegt, was unter anderem über geleitete Diskussionen und Kontroversen, Blitzlicht-Vorträge, wissenschaftliche Speed-Dates, strukturiertes mündliches Feedback, schriftliche Peer-Reviews, sowie die Dokumentation und den Austausch in einem gemeinsamen OSF-Projekt erreicht wird.
Das Ergebnis des Seminars ist für jede/n Teilnehmer/in ein Kurzbericht angelehnt an sogenannte „Registered Reports-Stage 1” (vgl. https://cos.io/rr/), der den Hintergrund, die theoretische Ableitung der Hypothesen und die geplanten Methoden (Sampling, Abläufe, Maße, Datenaufbereitung, statistische Analyse) zu deren Überprüfung zusammenfasst.
Neben einem vertieften Einblick in die aktuelle Forschung zu Persönlichkeit, Interaktion und sozialen Beziehung in Grundlagen- und Anwendungskontexten erwerben die Teilnehmer insbesondere essentielle Kenntnisse und Kompetenzen des guten und transparenten wissenschaftlichen und evidenzbasierten Arbeitens. |