Kommentar |
Das schmale Buch Art (dt.: Kunst) des britischen Kunsttheoretikers und Kunstkritikers Clive Bell, 1914 erstmals erschienen, ist eines der kraftvollsten kunsttheoretischen Bücher, die je geschrieben wurden: ein Füllhorn pointierter Thesen, polemischer Urteile, dezidierter Kommentare. Nirgendwo sonst werden auf so knappem Raum – das Buch füllt kaum mehr als 160 Seiten – so viele Behauptungen über Kunst und vor allem über Malerei ausgesprochen, die, obwohl sie Kritik vielfach geradezu provozieren, das kunsttheoretische Denken von Kunstkritikern, Kunstliebhabern und Laien bis heute prägen. Und kaum ein anderer Kunsttheoretiker hat es gewagt, eine so bündige These über das Wesen der (bildenden) Kunst zu formulieren wie Bell: Ihm zufolge ist (bildende) Kunst nichts anderes als „signifikante Form“. Berühmtheit hat Bells Buch deshalb nicht nur als wirkmächtiges Plädoyer für die Kunst von Cézanne, sondern auch als prominente Zielscheibe der Kritik der sich in den 1940 und 1950er Jahren herausbildenden analytischen Kunstphilosophie erlangt: Analytischen Kunstphilosophen wie Morris Weitz oder William E. Kennick gilt Bells Kunstdefinition als Musterbeispiel für einen Kardinalfehler herkömmlicher Kunstphilosophie.
Die deutschsprachige Neuausgabe von 2019, die eine Fülle hilfreicher Erläuterungen vor allem zum kunsthistorischen Hintergrund von Bells Essay enthält, gibt Gelegenheit, die wichtigsten und die provozierendsten von Bells Thesen im gemeinsamen Gespräch kritisch zu prüfen und sich so ein eigenes Verständnis dessen, was Kunst (vielleicht) ist, zu erarbeiten. Dazu sollen auch andere kurze Texte von Kunsttheoretikern herangezogen werden; diese werden jeweils zu den betreffenden Sitzungen im Learnweb bereitgestellt.
Wer teilnehmen will, schaffe sich bitte vor Seminarbeginn das Buch an und bringe es zur ersten Seminarsitzung mit: Wir werden uns am 7. April gleich in medias res begeben und mit der gemeinsamen Lektüre und Besprechung eines kurzen Textstücks beginnen.
Wer den Text lieber im englischen Original lesen möchte, stelle sicher, dass er eine Ausgabe verwendet, die den Text der (englischen) Neuausgabe von 1949 bietet. Der bei amazon für unter 10 Euro erhältliche Reprint, der keine Angaben zu Verlag und Textgestalt enthält, ist leider unbrauchbar. |
Literatur |
Empfohlene Ausgabe und Übersetzung:
Clive Bell, Kunst, auf der Grundlage der Übersetzung von Paul Westheim neu hrsg. v. Stefan Majetschak, Paderborn 2019: mentis. |