Kommentar |
Nicht alles, was man weiß, kann man auch sagen. Es gibt Kompetenzen, die zwar unabweisbar im Handlungsvollzug mitwirken, aber von den Handelnden nicht in Worte gefasst werden können. Die Balance auf einem Fahrrad halten, vom Sprungturm springen ohne sich wehzutun, ein passendes Geburtstagsgeschenk für eine Freundin finden, grammatisch korrekte Sätze formulieren und logi-sche Schlüsse ziehen, Witze machen und zu wissen, wann man sie besser sein lässt – all dies sind Kompetenzen, in deren Ausübung man versagen oder glänzen kann, die aber beim Handeln selbst in der Regel nicht bewusst reflektiert werden. Häufig lassen sich zwar im Nachhinein Regeln ange-ben, die z.B. das Sprachgefühl für 'richtige' Grammatik steuern, doch das gelingt nicht immer und vielleicht gibt es auch Formen impliziten Wissens und intuitiven Könnens, die sich prinzipiell nicht explizit darstellen lassen. Das Seminar behandelt einerseits verschiedene theoretische Ansätze zum impliziten Wissen und diskutiert seine soziologische Relevanz, andererseits soll es auch um Methoden der empirischen Erhebung impliziten Wissens gehen, die in studentischen Experimenten und Kurzstudien erprobt werden sollen. |
Literatur |
Literatur: Adloff, Frank/Gerund, Katharina/Kaldewey, David (Hg.) (2015): Revealing Tacit Knowledge. Embod-iment and Explication. Bielefeld: Transcript. Bernstein, Basil (1971): Class, codes and control. Applied Studies towards a Sociology of Language (4 Bände). Bernstein, Basil (Hg.). London: Routledge & Kegan Paul. Bourdieu, Pierre (1987): Die feinen Unterschiede: Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft: Suhr-kamp. Bourdieu, Pierre (1987): Sozialer Sinn: Kritik der theoretischen Vernunft. Frankfurt a.M.: Suhrkamp. Collins, Harry M. (1993): »The Structure of Knowledge«. In: Social Research 60(1), S. 95-116. Collins, Harry M./Evans, Robert (2013): »Quantifying the Tacit: The Imitation Game and Social Flu-ency«. In: Sociology 48(1), S. 3-19. Collins, Harold M./Evans, Robert John/Weinel, Martin/Lyttleton-Smith, Jennifer/Hall, Martin/Bartlett, Andrew (2017): »The Imitation game and the nature of mixed methods«. In: Journal of Mixed Meth-ods Research 11(4), S. 510-527. Dreyfus, Hubert L. (1992): What Computers Still Can't Do. A Critique of Artificial Reason. Cambridge Massachusetts: The MIT Press. Garfinkel, Harold (1960): »The rational properties of scientific and common sense activities«. In: Behavioral Science 5(1), S. 72-83. Garfinkel, Harold (1967): Studies in Ethnomethodology. Englewood Cliffs, N.J.: Prentice-Hall. Habermas, Jürgen (2012): »Die Lebenswelt als Raum symbolisch verkörperter Gründe«. In: Nach-metaphysisches Denken II. Aufsätze und Repliken. Berlin: Suhrkamp, S. 54-76. Loenhoff, Jens (2012): Implizites Wissen: epistemologische und handlungstheoretische Perspekti-ven. Weilerswist: Velbrück Wiss. Polanyi, Karl (1966): The Tacit Dimension. New York: Doubleday & Company. Renn, Joachim (2012): »Was ist rational am impliziten Wissen? Zum theoretischen Status der prak-tischen Gewissheit zwischen Handlungs- und Gesellschaftstheorie«. In: Loenhoff, Jens (Hg.): Implizites Wissen. Weilerswist: Velbrück. Schützeichel, Rainer (2010): »Wissen, Handeln, Können«. In: Kurtz, Thomas/Pfadenhauer, Michaela (Hg.): Soziologie der Kompetenz: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 173-189. Turing, Alan M. (1950): »Computing Machinery and Intelligence«. In: Mind 59(236), S. 433-460. |