Kommentar |
Die Ausbildung von Herrschaftsstrukturen und deren Wandel seit der Unabhängigkeit war in Lateinamerika in den meisten Fällen konfliktreich. Das 19. Jahrhundert zeichnete sich in den meisten Ländern durch hohe politische Instabilität aus, weil Herrschaftsstrukturen lange umstritten blieben, und häufig physische Gewalt in den Auseinandersetzungen angewendet wurde. Auch das 20. Jahrhundert war von massiven Umbrüchen geprägt, seien es Revolutionen oder Militärdiktaturen. An der postkolonialen Entwicklung und den aktuellen Diskussionen wie sie z.B. in Bezug auf Mexiko geführt werden, ob man angesichts des anhaltenden Drogenkriegs von einem „failed state“ sprechen muss, zeigt sich, wie wenig selbstverständlich „Staat“ und „staatliche Ordnung“ oder „legitime Herrschaft“ sind. Auch das problematische Verhältnis von Herrschaft und Macht, oder von Macht und Gewalt wird besonders deutlich. Im Seminar sollen auf der Grundlage von theoretischen Auseinandersetzungen mit den Konzepten „Macht“, „Herrschaft“, „Staat“ und „Gewalt“ die politischen Entwicklungen in Lateinamerika von der Unabhängigkeit bis heute exemplarisch und nah an den Quellen behandelt werden. |
Literatur |
Corrigan, Philip; Derek Sayer: The Great Arch: English State Formation as Cultural Revolution, Oxford, 1985; Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft, Tübingen 1972; Bourdieu, Pierre: Über den Staat, Frankfurt 2012; Popitz, Heinrich: Phänomene der Macht. 2. Aufl. Tübingen 1992; Pietschmann, Horst: Überlegungen zur Staats- und Nationsbildung in der spanischen Welt : ca. 1766-1830, in: Michael Riekenberg et al. (Hg.): Kultur-Diskurs. Kontinuität und Wandel der Diskussion um Identitäten in Lateinamerika im 19. und 20. Jahrhundert, Stuttgart 2001, S. 319-332; Reinhard, Wolfgang (Hg.): Verstaatlichung der Welt? Europäische Staatsmodelle und außereuropäische Machtprozesse, München 1999. |