Kommentar |
Im Römischen Reich besaß das Judentum den Status einer erlaubten Religion; auch nachdem die Kaiser den christlichen Glauben angenommen hatten, respektierten sie diese Tradition. Trotzdem sahen sich jüdische Gemeinden zunehmendem Druck seitens kirchlicher und staatlicher Autoritäten ausgesetzt. Andererseits begründete der Kirchenvater Augustinus die Lehre, daß die Juden – wenn auch unfreiwillig – für die Christen die Funktion unfreiwilliger Zeugen der christlichen Wahrheit erfüllen würden; damit hatte er eine Art ideologischer Lebensversicherung für die Juden entwickelt, denn in dieser ihnen zugeschriebenen Funktion konnten sie von keiner anderen Gruppe ersetzt werden. Den größten Einschnitt im christlich-jüdischen Zusammenleben bildeten die Pogrome, die sich im 11. und 12. Jahrhundert im Zuge der Kreuzzugsbewegung ereigneten, die aber paradoxerweise am Beginn der Blütezeit des aschkenasischen Judentums standen. Das Seminar stellt Grundzüge der jüdisch-christlichen Beziehungen in politischer, theologischer und sozialer Hinsicht in der Zeit zwischen der Zerstörung des zweiten Tempels im Jahre 70 und den Anfängen des aschkenasischen Judentums in Europa vor. |
Literatur |
Becker, Adam / Reed, Annette (Hrsg.), The Ways that Never Parted. Jews and Christians in Late Antiquity and the Early Middle Ages (Texte und Studien zum antiken Judentum 95), Tübingen 2003.
Cohen, Jeremy (Hrsg.), From Witness to Witchcraft: Jews and Judaism in Medieval Christian Thought (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 11), Wiesbaden 1997.
Cohen, Mark R., Under Crescent and Cross: The Jews in the Middle Ages, Princeton 1994. / Unter Kreuz und Halbmond. Die Juden im Mittelalter, München 2005.
Geisel, Christof, Die Juden im Frankenreich. Von den Merowingern bis zum Tode Ludwigs des Frommen (Freiburger Beiträge zur mittelalterlichen Geschichte 10), Frankfurt a. M. u. a. 1998.
Limor, Ora / Stroumsa, Guy G. (Hrsg.), Contra Iudaeos: Ancient and Medieval Polemics Between Christians and Jews (Texts and Studies in Medieval and Early Modern Judaism 10), Tübingen 1996. |