Kommentar |
Woran man »Erziehung« erkennen kann, mag auf den ersten Blick eine triviale Frage zu sein: Ein Lehrer versucht in Anwesenheit von Schülern planvoll und zielgerichtet den Unterricht so zu ge-stalten, dass aus den Schülern »bessere«, weil mündige Menschen werden. Allerdings bedarf es diesem Modell nach mindestens der relativen Verfügbarkeit (1) der komplementären »Errungen-schaft« von Lehrerschaft und Schülerschaft, (2) der aktiven (synchronen!) Bespielung der mit die-sen Rollen verbundenen Anforderungen und Verpflichtungen durch die Personen, (3) die rationali-sierte Option, aus dem interaktiven Geschehen des Unterrichts in kühner Instrumentalisierung ein Werkzeug zu machen, damit (4) die psychischen Haushalte der Schüler in einer bestimmten (nicht beliebigen!) Weise verändert werden. Alle genannten Voraussetzungen gestalten sich als hoch-gradig voraussetzungsvolle, gesellschaftlich bedingte Bedingungen. Diese lassen sich nicht ein-fach dadurch relativieren, dass man aus der menschlichen Fähigkeit zu sprechen ein universales Potential macht und im übrigen der Aufklärung neben anderen auch noch den Verdienst zu-schreibt, dass sie es vermocht hat, dasjenige, was sonst lediglich »näher« an den Familien erledigt worden ist aus den damit verbundenen Abhängigkeiten zu lösen und der Freiheit des Individuums ganz allgemein gerechter zu werden. Eine »soziologischere« Perspektive auf Erziehung würde sich dagegen sehr viel eher durch Aus-sagen über den funktionalen Beitrag des rigide strukturierten Erziehungswesens auszeichnen (et-wa: Welche Funktion hat das Verleihen von formalen Titeln im Laufe einer Bildungsbiographie?), um dann diese Funktionsmerkmale unter Umständen kritisch zu kommentieren (wenn z.B. bei Bourdieu die Verleihung von Titeln »nur« der Absicherung einer legitimen Form von »Kultur« die-nen soll). So wird nicht selten eine Art »Gegenwirklichkeit« zu den vielleicht gut gemeinten Institu-tionen sichtbar (bspw. wenn trotz aller Beteuerungen, bei der Beurteilung der Schüler die Herkunft auszublenden dennoch der überwiegende Teil von Abiturienten Akademiker-Eltern hat usw.). Oder man wird sozusagen unter den Zugzwang gesetzt, wie eigentlich erklärt werden kann, dass sich unterscheidende Funktionskontexte der Gesellschaft überhaupt in völliger Intransparenz zueinan-der stabilisieren können - und was einer solcher Befund für Erziehung bedeutet (Luhmann). Das in diesem Sinne in soziologische Theorie einführende Seminar nähert sich Erziehung und Er-ziehungsabsichten auf der Basis von der Lektüre zweier einschlägigen Autoren: Bourdieu und Luhmann. In der ersten Sitzung wird die für das Seminar relevante Literatur bekanntgegeben und die Termine für die Referate vergeben. |
Leistungsnachweis |
Allgemeine Studien:
Aktive Teilnahme (Protokoll, Essay) 2 LP,
Referat mit Ausarbeitung (8-10 Seiten) 4LP,
Klausur (2h) 3LP,
Hausarbeit (12-15 Seiten) 5 LP |