Description |
Die Finanz- und vor allem Bankenkrise seit 2008 provoziert immer wieder Vergleiche mit dem „schwarzen Freitag“ der Weltwirtschaftskrise 1929; die Besetzung der Krim durch russisches Militär wurde wiederholt mit dem Ersten Weltkrieg verglichen; der Krieg in Syrien und die Migration nach Deutschland haben sogar Parallelisierung mit der Völkerwanderung hervorgebracht. Was in der Publizistik und in sonstigen Öffentlichkeiten zum Geschäft gehört, bedarf in der Geschichtswissenschaft durchaus des Nachdenkens. Wenn der Münchner Historiker Hans Günther Hockerts das Schlagwort von der „Zeitgeschichte als Problemgeschichte der Gegenwart“ aufwarf, dann modifiziert das Fach durchaus das viele Jahrzehnte selbst gepflegte Selbstverständnis. Das Seminar wird daher im ersten Drittel der Sitzungen verschiedene Ansätze dazu prüfen, was „Zeitgeschichte“ definiert und ob und wie sich eine „jüngste Zeitgeschichte“ sinnvoll etablieren lässt. Dabei ist ein hohes Lektürepensum aller Teilnehmenden die Voraussetzung. Im zweiten Drittel des Seminars werden wir an ausgewählten Problemstellungen der deutsch-deutschen Geschichte in Perspektive auf das wiedervereinigte Deutschland nach 1990 der Frage nachgehen, inwieweit sich die Geschichte der Vereinigungsgesellschaft aus den jeweils historischen Erfahrungs- und Erwartungsräumen erzählen lässt. Abschließend wird dann Gelegenheit sein, an ausgewählten Problemstellungen (Migration, politischer Partizipation o.a.) oder am Beispiel eigener Entwürfe der Teilnehmenden die Perspektive auszuweiten. |
Literature |
Zur ersten Lektüre können die folgenden, sicher aber auch andere Titel herangezogen werden: Andreas Rödder, Deutschland 21.0. Eine kurze Geschichte der Gegenwart, München 2015; Anselm Doering-Manteuffel, Lutz Raphael, Thomas Schlemmer (Hg.), Vorgeschichte der Gegenwart Dimensionen des Strukturbruchs nach dem Boom, Göttingen 2016; eher essayistisch Loel Zwicker, Ein Schritt zurück in die Zukunft. Was wir aus der Geschichte lernen können, München 2013. Mit Blick auf den deutsch-deutschen Part Frank Bösch (Hg.), Geteilte Geschichte. Ost- und Westdeutschland 1970-2000, Göttingen 2015. |