Kommentar |
Die Sytem- und Gesellschaftstheorie luhmannscher Provenienz gilt allgemein als konservativer Gegenentwurf zur Kritischen Theorie, wie sie etwa von Jürgen Habermas vorgelegt wurde. Vor diesem Hintergrund wird dann auch schnell der Vorwurf der Affirmation der kapitalistischen Ge-sellschaft erhoben. In der Tat blendet die luhmannsche Systemtheorie Begriffe wie Herrschaft oder soziale Ungleichheit mehr oder weniger aus. Doch nicht nur dies hat dem Systemparadigma Kritik eingehandelt. Zu abstrakt sei sie, zu wenig in der Lage, eine empirische Forschung anzuregen. Nach ihrer hohen Resonanz in den Sozialwissenschaften in den 90er Jahren ist es auch eher ruhig geworden um die Systemtheorie. Luhmanns Angebot eines nüchternen Blicks auf die Gesellschaft fügte sich gut in die Zeit nach dem Zusammenbruch aller Utopien ein. Inzwischen mehren sich ei-nerseits die gesellschaftlichen Probleme wieder und kritisches Denken scheint mehr denn je nötig. Andererseits gibt es inzwischen zaghafte Versuche, die Systemtheorie für eine Gesellschaftskritik fruchtbar zu machen. Doch taugt die Systemtheorie überhaupt dazu, einen Beitrag zu einer kriti-schen Gesellschaftstheorie zu liefern? Dieser Frage soll in dem Seminar nachgegangen werden. Dazu wird selbstverständlich in die Grundbegriffe der Systemtheorie eingeführt. Kenntnisse der Systemtheorie werden also nicht vorausgesetzt, wohl aber die Bereitschaft zur Lektüre, da das Seminar vornehmlich als Lektürekurs konzipiert ist. |