Kommentar |
Die Frage, wie es hat »dazu« kommen können, ist für die soziologische Analyse nicht ungewöhn-lich. Sie wird beinahe so verschiedentlich beantwortet, wie es unterschiedliche Perspektiven auf die Bedingungen des Handelns gibt. Sie wird meist in demselben Atemzug gestellt, in dem »bewusst« geworden ist, dass wieder einmal (oder auch zuerst) ein Sprengstoff inmitten von Zivilisten explodiert ist, ein sog. school-shooting gemeldet wird, ein Flugzeug entführt und unkontrollierbar navigiert usf. Ihre Beantwortung ist allerdings meist vom Charakter der Unverbindlichkeit. Inbe-sondere, wenn es um Fälle »exzessiver« Gewalt geht, fällt das auch zunehmend auf. In dieser Hinsicht hat die soziologische Analyse eine sehr viel höhere Sensibilität zu bieten, als es z.B. die öffentliche Berichterstattung suggeriert. Hinter der Forderung, man möge doch mit einfa-chen Worten »endlich« einmal sagen, »was Sache ist«, geht einher mit einer einfachen Demontage komplexer v.a. sprachlich konstitutierter Phänomene auf quasi-physikalische Ursache-Wirkungszusammenhänge. In einer entsprechenden Darstellung wird so etwa der Eindruck vermit-telt, dass »wir« nur »noch nicht« genügend hinreichend die Faktoren oder Wirkungsketten zwischen Faktoren identifiziert haben, um befriedigende Antworten zu finden. Ebenso ist erkennbar, welche Funktion das altehrwürdige Modell des zweckrationalen Akteurs (der für andere unzugäng-lich, nach eigenem Gutdünken Mittel auswählt und entsprechend handelt) auch erfüllt: es ermög-licht, die Analyse auf das Gebiet der (dunklen) Psychiatrie/Forensik zu verlagern und dort Experten/Gutachter zu beauftragen. Worin besteht aber der Zwang der einfachen Demontage komplexer Phänomene auf Ursache-Wirkungsketten inbesondere bei exzessiver Gewalt? Mit dieser Frage setzt sich das einführende Seminar auseinander. Gestützt durch klassische und neuere Literatur sollen sowohl dezidierte Gewalterklärungsmodelle zu Wort kommen als auch Ansätze, die dem erkenntnistheoretischen Zweifel ein wenig mehr Beachtung schenken. |
Literatur |
Literatur (u.a.): Koloma Beck, Teresa; Schlichte, Klaus (2014): Theorien der Gewalt zur Einführung. Hamburg: Ju-nius.
Trotha, Trutz von (1997): Zur Soziologie der Gewalt. In: Trutz von Trotha (Hg.): Soziologie der Ge-walt. Opladen: Westdt. Verl., S. 9–56. |