Description |
Das nationale Selbstverständnis in der Gesellschaft der Weimarer Republik war zentral durch die Erfahrung des vorzeitigen, gewaltsamen Lebensendes im Ersten Weltkrieg geprägt. Der Kriegstod wurde mit kollektiven Sinnstiftungen aufgeladen, die die Lebenden auf ein gemeinsames Ziel hin verpflichteten. Für die „Gefallenen für das Vaterland“ wurde ein intensiver politischer Totenkult initiiert, der beispielsweise die Etablierung des Volkstrauertags und die Errichtung einer Vielzahl an Kriegerdenkmälern umfasste. Zeitgleich entwickelten sich in den verschiedenen politischen Lagern Kulte um herausragende Verstorbene: von der kommunistischen Verehrung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts bis zum nationalsozialistischen Märtyrerkult um Horst Wessel. Die Weimarer Republik befand sich in einem „Bürgerkrieg der Erinnerungen“ (Wolfrum).
In der Übung werden anhand von Quellen verschiedener Gattungen und in kritischer Auseinandersetzung mit der Forschungsdebatte Inhalte, Ausprägungen und Funktionen des politischen Totenkultes in der Weimarer Republik analysiert. Diskutiert werden sollen dabei u. a. erkennbar werdende widerstreitende Vergangenheitsdeutungen und Zukunftsvisionen für die Nation, die Rolle der christlichen Kirchen im politischen Totenkult sowie die Frage nach der Militarisierung der Gesellschaft der Weimarer Republik. |
Literature |
Einführende Literatur: Behrenbeck, Sabine, Der Kult um die toten Helden. Nationalsozialistische Mythen, Riten und Symbole, Köln 22011; Eschebach, Insa, Öffentliches Gedenken. Deutsche Erinnerungskulturen seit der Weimarer Republik, Frankfurt am Main 2005; Kaiser, Alexandra, Von Helden und Opfern. Eine Geschichte des Volkstrauertags, Frankfurt am Main 2010; Koselleck, Reinhart und Michael Jeismann (Hrsg.), Der politische Totenkult. Kriegerdenkmäler in der Moderne, München 1994. |