Kommentar |
Von Lehrern wird für gewöhnlich erwartet, dass sie während des Unterrichts »kommunizieren«, sich in Anwesenheit der Schüler verständlich machen, Inhalte gut "rüber bringen", die Teilnehmer am Geschehen beteiligen, sie "dort abholen, wo sie sind" etc. Aber was ist damit überhaupt ge-meint? Bezeichnet die Handlung der Kommunikation ein akteurzentriertes vorläufiges In-den-anderen-Hineinversetzen und kann entsprechend nur gelingen, wenn die Identität der Inhalte in den Beteiligten durch externe Gegebenheiten (Milieu-Zugehörigkeit, allgemeine Überlappungen von Zeichenvorräten) vorab gesichert ist? Oder bezeichnet das Sich-Verständigen ein eher sprachzentriertes prozessuales Geschehen, das Teilnehmer in der sozialen Situation positioniert und ihnen dort genau den Spielraum lässt, der ihre individuellen Eigenarten ausblendet? Oder ge-lingt die Kommunikation bereits dadurch, dass dem Gegenüber formal »Motive« zugeschrieben werden können, ohne dass es von funktioneller Erforderlichkeit sei, dass die inhaltlichen Zu-schreibungen sich als wahr oder falsch erweisen? Diese Fragen lassen sich mit in die pädagogische bzw. didaktische Fachliteratur nur schwerlich beantworten. Die zentrale Funktionsweise, die gerade Gelingen oder Misslingen von Verständigung im Unterricht ausmacht, verbleibt eher im Dunkeln bzw. wird in Form von »handwerklichen« Tipps oder als Forderungen in Richtung Lehrer-Kompetenzen ausgelagert. Das einführende Seminar soll hier durch Rückgriff auf soziologisch-handlungstheoretische Reflexionen von interpersonaler Kommunikation gegensteuern. Literaturgestützt auf Basis studentischer Referate werden exemplarische Positionen vorgestellt und für Vergleiche zugespitzt. |
Literatur |
Luhmann, Niklas (2004): Systeme verstehen Systeme. In: Niklas Luhmann und Dieter Lenzen (Hg.): Schriften zur Pädagogik. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 48–90. Schütz, Alfred (2004 [1932]): Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt. Konstanz: UVK, Verlagsge-sellschaft. Ungeheuer, Gerold (2010): Einführung in die Kommunikationstheorie. Münster: Nodus Publ. |