Kommentar |
Was geschieht, wenn Freundschaftsbeziehungen keine Privatsache mehr sind, sondern vor der digitalen Öffentlichkeit zelebriert werden? Was, wenn Jugendliche in sozialen Online-Netzwerken weitestgehend ohne den Einfluss Erwachsener agieren? Social-Media macht Freundschaften öffentlich; d. h., Beziehungsarbeit muss in schriftlicher Form vor der Öffentlichkeit (mindestens) der gesamten Jahrgangsstufe geleistet werden. Dieser neue situative Kontext kann als Ausgangspunkt für Konkurrenzdruck unter den Jugendlichen einerseits (Wer hat die intensivste, emotionalste Freundschaft?) und stereotypes Verhalten andererseits (z. B. ritualisierte Beziehungsphrasen, alternative Orthografie) interpretiert werden. Auf der sprachlichen Ebene verdichten sich Beziehungsphrasen wie „ich verlass Dich nie (never)“ oder „Schwestern / Freundinnen für immer und ewig“ mit graphostilistischen Elementen, Anglizismen und Emoticons / Emojis gemeinsam mit Fotos zu einer vor der Öffentlichkeit der Community zelebrierten Darstellung eigentlich sehr privater Inhalte. Im Kurs sollen Kommunikate jugendlicher Social-Media-NutzerInnen in kleinen Projekten linguistisch analysiert und kritisch vor dem Hintergrund der Jugendsprachforschung sowie medienlinguistischer Theorien diskutiert werden. |