Kommentar |
Gravierende Umbrüche in der Privatheit werden gängigerweise als Tendenz zur Pluralisierung, Individualisierung und Emotionalisierung diagnostiziert bzw. negativ mit Prozessen wie Auflösung oder Deinstitutionalisierung der Familie identifiziert. Geradezu prototypisch kommen diese Wandlungstendenzen im Phänomen der Fortsetzungsfamilie zum Ausdruck. Fortsetzungsfamilien entstehen immer dann, wenn Elternpaare sich trennen und durch neue Partnerinnen, Partner und Kinder anreichern. Mit einer weiteren rasanten Zunahme dieser Familienform wird mittel- und langfristig gerechnet, wobei der Anteil der hiervon betroffenen Kinder und Jugendlichen alljährlich bereits jetzt neue Höchststände erreicht. Nach übereinstimmender Meinung stehen vor allem die hier lebenden Kinder und Jugendlichen im Gravitationszentrum dieses neuen Familientyps. Ihre Identitätsentwicklung und biographische Karriere ist stark von den hier gelebten Familienbeziehungen abhängig.
Im obigen Seminar werden wir uns mit den Entstehungsbedingungen solcher "Zweit-" oder auch "Drittfamilien" befassen und auch damit, wie Kinder und Jugendliche unter den hier anzutreffenden Lebensbedingungen zentrale Entwicklungsaufgaben bewältigen müssen. |
Literatur |
Bliersbach, G., Halbschwestern, Stiefväter und wer sonst noch dazugehört: Leben in Patchwork-Familien, Düsseldorf/Zürich 2000.
Ley, K./Borer, C., Und sie paaren sich wieder. Über Fortsetzungsfamilien, Tübingen 1992.
Walper, S./Schwarz, B. (Hrsg.), Was wird aus den Kindern? Chancen und Risiken für die Entwicklung von Kindern aus Trennungs- und Stieffamilien, München 1999. |