Kommentar |
Der Kontraktualismus gehört zu den wichtigsten Theorieansätzen der neuzeitlichen politischen Philosophie. Alle Vertreter dieser Tradition teilen die Auffassung, dass politische Herrschaft und staatliche Autorität mit Hilfe der Vorstellung eines (Gesellschafts-)Vertrags gerechtfertigt werden können. Diesem Ziel verpflichtet, besteht eine kontraktualistische Theorie idealtypisch aus drei zentralen Elementen: (1) der Annahme eines vorstaatlichen (und eventuell auch vorgesellschaftlichen) Ur- oder Naturzustandes, der die Notwendigkeit der Staatsgründung ebenso einsichtig machen wie eine Anthropologie, die den Regeln des Vertragsabschlusses zu Grunde liegt, entfalten soll; (2) der Annahme eines (Gesellschafts-)Vertrags, durch den der vorvertragliche Zustand in einen Zustand politischer Herrschaft überführt wird; (3) der Erläuterung des durch den Vertrag begründeten Gesellschaftszustandes, wobei in der Regel der Frage nach dem Umfang und den Grenzen legitimer politischer Herrschaft besondere Aufmerksamkeit gilt. So verstanden, ist der Kontraktualismus vor allem und zuerst eine Theorie der Legitimation staatlicher Gewalt. Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat die Vertragstheorie jedoch bedeutende Erweiterungen erfahren, indem kontraktualistische Ansätze entwickelt wurden, deren primäres Ziel etwa die Rechtfertigung elementarer Gerechtigkeitsnormen oder die Begründung allgemeiner moralischer Normen und Prinzipien ist. Im Seminar sollen einflussreiche und besonders interessante kontraktualistische Theorien vorgestellt, diskutiert und miteinander verglichen werden. Der Schwerpunkt wird dabei auf der jeweiligen Charakterisierung des Naturzustandes und den Bestimmungen und Bedingungen des Vertragsschlusses liegen. Besprochen werden Texte von Thomas Hobbes, John Locke, Jean-Jacques Rousseau, John Rawls, Peter Stemmer und Wolf¬gang Kersting. |