Kommentar |
Max Weber hat sich mit Nachdruck "ein Mitglied der bürgerlichen Klassen" genannt. Der 'Gesellschaftsbeobachter', als den man ihn (etwa bezogen auf die Amerikareise 1904) bezeichnet hat, war in hohem Maße ein Beobachter der jeweiligen Schichtungsverhältnisse, und so ist seine Soziologie durchzogen von Schichtungsfragen. Erst recht aber ist das - etwa im Blick auf die 'Klassenbedingtheit' religiöser Ideen oder die primären Trägerschichten einer Religion - seine Religionssoziologie. Der Lektürekurs startet - nach einer knappen Einführung - mit einem Seitenblick auf Max Webers wohl berühmteste Arbeit Die protestantische Ethik und der 'Geist' des Kapitalismus. Es geht um die Schichtungsargumente innerhalb des Gedankengangs des 'Aufsatzes'. Auch hier stößt man auf das Bürgertum, aber vor allem als Kleinbürgertum. Der 'Geist des Kapitalismus' zeigt sich als spirit of shopkeepers. Der nächste Schritt führt zu den zwei soziologisch grundbegrifflich angesetzten und relativ kurzen Texten über Klassen und Stände, die bis heute lebhaft debattiert werden und aktuell gelieben sind. Beide Texte gehören in den Kontext von Webers soziologischem Hauptwerk Wirtschaft und Gesellschaft; der eine gehört der Fassung von ca. 1913 an, der andere (und deutlich knappere) der in Paragraphenform gebrachten späten Fassung von 1919/20. Es ist ausgesprochen ertragreich, die beiden Texte nebeneinanderzuhalten. Der dritte Schritt führt auf das Terrain der Weber'schen Religionssoziologie, genauer: der, wie Weber gern gesagt hat, 'systematischen' Religionssoziologie in Wirtschaft und Gesellschaft. In dem breit angelegten religionssoziologischen Kapitel interessiert insbesondere der der Schichtungsproblematik gewidmete längere Abschnitt 7. Für diesen sehr gehaltvollen Abschnitt, der im Mittelpunkt der Veranstaltung steht, wird der Kurs sich einiges an Zeit nehmen müssen. Der vierte Schritt führt zur gesonderten Befassung mit zwei religiös stark mitbestimmten stratifikatorischen Extremfällen, beide am unteren Ende der Schichtordnung angesiedelt. Es geht um die Pariathematik, um Webers Auseinandersetzung einerseits mit bestimmten Phänomenen der indischen Kastenordnung und andererseits des Judentums. Auch dafür ist einige Zeit reserviert, und natürlich gilt es, hier auch die vielfältigen Bedenken der Sekundärliteratur mit zur Kenntnis zu nehmen. Im Weberschen Werk treten hier die Studien zur Wirtschaftethik der Weltreligionen in den Vordergrund. Die Thematik aber, die am Ende des Kurses stehen soll, ist das sog. "Problem der Theodizee". Der Lektürekurs, in den einige unvermeidlich vorlesungsartige Einführungen eingestreut sein werden, hält sich, soweit sie vorliegen, an die jeweiligen Ausgaben der Max Weber Gesamtausgabe, dies auch deshalb, weil die Texte hier von hilfreicher Kommentierung umgeben sind. Zum Einstieg sei verwiesen auf: Dirk Kaesler, Max Weber: Eine Einführung in Leben, Werk und Wirkung. Frankfurt/M. 2003. |