Description |
In der Regel bezieht sich der Begriff der Demokratisierung auf die institutionellen Formen der Kontrolle der Regierenden durch die Regierten in den entwickelteren Gesellschaften. Damit wird die Demokratisierung gleichgesetzt mit der Etablierung einer ihrer institutionalisierten Formen, nämlich der Mehrparteien-Demokratie westlicher Prägung. Dabei wird nicht nur die "funktionale Demokratisierung" im Sinne einer gesamtgesellschaftlichen Verschiebung der Machtbalance zugunsten der ehemaligen Außenseiter als Bedingung der Möglichkeit sowohl institutioneller Demokratisierung als auch institutioneller Ent-Demokratisierung vernachlässigt. Darüber hinaus werden die zivilisatorischen Transformationsprozesse des sozialen Habitus der in solchen Machtkämpfen verwickelten Menschen wenig beachtet. Daraus folgt eine Blockierung bei der Erklärung von Demokratisierungsproblemen bzw. gelegentlichen Schüben institutioneller Ent-Demokratisierung in den mehr entwickelten Gesellschaften genauso wie in den weniger entwickelten. Es wird oft tautologisch der Mangel von „demokratischer Kultur“ als Schlüsselerklärung für Demokratisierungsprobleme herangezogen, ohne den Bedingungen der Möglichkeit demokratischer Kulturen nachzuspüren.
In diesem Seminar wird über den Zusammenhang zwischen Demokratisierung und Zivilisierung des sozialen Habitus der involvierten Menschen diskutiert, um die Entstehung, Entwicklung bzw. Kultivierung von demokratischeren Traditionen begreifen zu können. Damit soll ebenfalls der theoretische Bezugsrahmen von verschiedenen empirischen Untersuchungen der Demokratisierung bzw. der Demokratisierungsprobleme diskutiert werden, die nicht nur auf die Beziehungen der Regierenden und Regierten zu reduzieren wäre.
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Literature |
Literatur
- Elias, Norbert (1990): Studien über die Deutschen. Machtkämpfe und Habitusentwicklung im 19. und 20. Jahrhundert, Frankfurt/Main.
- Alikhani, Behrouz, (2012): Zu einem prozessualen Verständnis von Demokratisierung bzw. Entdemokratisierung: Das dreidimensionale Demokratiemodell“, in Leviathan, Berliner Zeitschrift für Sozialwissenschaft, 2013
Ergänzungsliteratur
- Gholamasad, Dawud (1993): „Zur institutionellen Entdemokratisierung weniger entwickelter Staatsgesellschaften als einem Habitusproblem“: in, Mohsen Massarat … (Hg.), - - Die dritte Welt und wir: Bilanz und Perspektiven für Wissenschaft und Praxis, Freiburg (Breisgau), S. 394-401.
- Schmidt, Manfred G. (2000): Demokratisierungstheorien, Opladen. |