Kommentar |
So verschieden sie sich auch manifestieren mögen, besitzen Gruppenkonflikte und die mit ihnen verbundenen Prozesse grundlegende strukturelle Gemeinsamkeiten. Sie sind zwar aus Struktureigentümlichkeiten der betreffenden Gesellschaften zu erklären. Sie auf die Rivalisierung um ökonomische Machtchancen und damit auf Klassenkonflikte zu reduzieren, bedeutet jedoch Konfliktaspekte zu vernachlässigen, die heute einen unübersehbaren Platz im Zentrum unserer Aufmerksamkeit einnehmen. Ethnische, konfessionelle, Stammes-, nationalistische, Parteien-, Migration, Generations- und Geschlechterkonflikte wären offensichtliche Beispiele dafür. Obwohl das Konkurrieren um wirtschaftliche Machtchancen in den meisten Fällen eine wichtige Rolle spielt, würde ein Gesellschaftsmodell, das sämtliche Macht- und Statusdifferentiale aus dem unterschiedlichen Zugang zu ökonomischen Machtquellen erklärt, an der Realität vorbeigehen. Als alternatives theoretisches Modell solcher Konfliktpotentiale wird daher zunächst die von Norbert Elias und John L. Scotson entwickelte exemplarische Gemeindeuntersuchung diskutiert. Dieses Modell stellt die Entwicklung einer ganz spezifischen Sozialstruktur dar, die paradigmatischen Charakter für eine nahezu unüberschaubare Fülle verschiedener Entwicklungen sozialer Ungleichheiten besitzt.
Mit der Hervorhebung der emotionalen Aspekte sozialer Ungleichheit stellt dieses Modell die Selbstwertbeziehungen der involvierten Menschen in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, die mit der Verringerung innerstaatlicher und zwischenstaatlicher Machtdifferenziale zunehmend prozesssteuernd wirken.
Damit soll im Laufe des Seminars der theoretische Bezugsrahmen möglicher eigener empirischer Untersuchungen der Studierenden und deren entsprechende methodische Implikationen debattiert werden.
Die Bereitschaft zur Übernahme einer Sitzungsbetreuung wird vorausgesetzt.
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Literatur |
Literatur
Norbert Elias, John L. Scotson (1990): Etablierte und Außenseiter.
Ergänzungstexte
Ernst, Stefanie (2003): From Blame Gossip to Praise Gossip?, European Journal of Women's Studies ; 10; 277.
Nekel, Sieghard (1991): Status und Scham: Zur symbolischen Reproduktion sozialer Ungleichheit, Campus.
Waldhoff, Hans-Peter (1995): Fremde und Zivilisierung: Wissenssoziologische Studien über das Verarbeiten von Gefühlen der Fremdheit, Suhrkamp
Lakoff, George (2003): Metaphors We Live By, University Of Chicago Press.
Antonio Damasio (2005): Descartes’ Error: Emotion, Reason, and the Human Brain, Penguin Books. |