Sanktion und Norm - Einzelansicht

Sanktionen sind integraler Bestandteil aller sozialen Praktiken. Sie können positiver, d.h. soziales Handeln bestärkender oder negativer, d.h. ablehnender und bestrafender Natur sein. Die Wirkung von Sanktionen kann - und diese offene theoretische Frage steht im Mittelpunkt des Seminars - zum einen naturalistisch und/oder instrumentalistisch durch Konditionierungsprozesse oder zweckrationales Handeln erklärt werden. Oder sie kann zum anderen als "durch und durch" normatives Phänomen beschrieben werden. Im ersten Fall führt die Beschreibung der Wirkung von Sanktionen zu einem Begriff von Normativität, der auf körperlichen Bedürfnissen und Dispositionen beruht; im anderen Fall zu einer Konzeption, in der von einer Nichtreduzierbarkeit sozialer Normativität auf Nichtnormatives (im weitesten Sinne: die Natur) ausgegangen wird.

Diese theoretische Grundlagenproblematik wird im Seminar veranschaulicht und erörtert anhand religionssoziologischer Texte, in denen ein Zusammenhang zwischen Transzendenzerfahrung und Normativität hergestellt wird.

Durkheim, Èmile 1981: Die elementaren Formen des religiösen Lebens. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

Popitz, Heinrich 1980: Die normative Konstruktion von Gesellschaft. Tübingen: J.C.B.  Mohr (Paul Siebeck).

Foucault, Michel 1994: Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

Gerd Spittler 1967: Norm und Sanktion. Olten: Walter.