Description |
Produktive Theorieimporte – Bourdieu, Butler, Foucault und Žižek in den Internationalen Beziehungen (BA-Seminar)
Tobias Gumbert, M.A.
Wintersemester 2013/14
Montags, 16:15 – 17:45 Uhr, R. SCH ???
Kommentar:
Wenn es nach Pierre Bourdieu geht, ist das „akademische Spiel“ bestimmt von disziplinären Schließungen und Ausschließungen. Jede wissenschaftliche Disziplin setzt Grenzen des Denkens und des Forschens, welche die Entwicklung von Theorie und Methodologie bestimmen und die Untersuchungsobjekte sowie die untersuchenden Subjekte (ForscherInnen) erst hervorbringen. Die Arbeiten Bourdieus etwa spiegeln einen Drang zur Überschreitung dieser Grenzen wider, und zeugen von seiner wissenschaftlichen „Undiszipliniertheit“, die jedoch auch als „Interdiszipliniertheit“ verstanden werden kann. In Zeiten, in denen Interdisziplinarität als Gütekriterium und Credo fachübergreifender Forschung gilt, stellt sich die Frage, was das „Interdisziplinäre“ eigentlich ausmacht.
Der Kurs möchte dazu einladen, „un-/interdisziplinierte“ Perspektiven auf internationale Phänomene und Entwicklungen einzunehmen und diese empirisch zu testen. In diesem Kontext werden die Arbeiten von Pierre Bourdieu (Philosoph, Soziologe und Ethnologe), Judith Butler (Philosophin und Philologin), Michel Foucault (Philosoph, Psychologe und Historiker) sowie Slavoj Žižek (Philosoph und Psychoanalytiker) einen wesentlichen Schwerpunkt bilden. Die theoretischen Perspektiven dieser AutorInnen ziehen ihre Wirkungskraft gerade aus dem Umstand, dass sie gezielt disziplinäre Grenzen überschreiten und sich daher nicht auf klassische Fragestellungen aus jeweiligen Fachrichtungen reduzieren lassen. Trotz dieser vermeintlichen Heterogenität bieten sie die Möglichkeit zum Vergleich, da die Arbeiten einer kritischen Tradition entstammen und im weitesten Sinne strukturalistischen, poststrukturalistischen und postdemokratischen Ansätzen zugeordnet werden können.
Der erste Teil des Kurses ist als anwendungsbezogener Lektürekurs konzipiert, der pro AutorIn zwei Sitzungen einplant. Zunächst sollen gemeinsam grundlegende Konzepte im Denken der AutorInnen analysiert werden, um anschließend deren empirische Anwendungsmöglichkeit anhand von Beispielen aus dem Bereich der Internationalen Beziehungen zu diskutieren. Dabei soll nachvollzogen werden, wie aus einer spezifischen Theorieperspektive ein empirisches Forschungsdesign abgeleitet werden kann. Im zweiten Teil des Kurses sollen die Studierenden in Forschungsgruppen eigene Forschungsdesigns entwickeln. Dabei können sie sich sowohl an den behandelten AutorInnen orientieren als auch komplett neue theoretische Zugänge wählen; letztlich geht es darum zu erlernen, wie für die TeilnehmerInnen persönlich interessante Theorieperspektiven produktiv genutzt werden können. Werden die „undisziplinierten“ Theorieansätze dabei lediglich für die Internationalen Beziehungen „diszipliniert“, oder kann in den Forschungsarbeiten aus Sicht der IB tatsächlich etwas Neues, im wahrsten Sinne „Interdisziplinäres“ entstehen? Auf diese Frage wollen wir Antworten finden.
|
Literature |
Lektüre:
Als Vorbereitung auf den Kurs empfehle ich die kurzen Einträge zu Bourdieu, Butler, Foucault und Žižek in folgendem Band:
Edkins, Jenny; Vaughan-Williams, Nick (Hg.) (2009). Critical Theorists and International Relations. New York: Routledge.
|