Description |
Der soziale Wandel, der die moderne Gesellschaft hervorgebracht hat, und der Wandel, dem die moderne Gesellschaft unterliegt, hatte und hat einen ambivalenten Charakter. Im Zuge der Entfal-tung und Durchsetzung moderner Institutionen und einer typisch modernen Form sozialer Diffe-renzierung nimmt die Rationalität typischer Handlungsorientierungen und institutioneller Arran-gements zugleich zu - unter gewissen Aspekten ebenso aber auch ab; es wachsen Freiheitsgrade und -chancen, zugleich jedoch Zwänge, Abhängigkeiten und Intensitäten sozialer Kontrollen; es vermehren sich in unerhörtem Ausmaße Optionsspielräume der Individuen, zugleich versteinern strukturelle Lage, die notwendige Bedingungen jener Optionalisierung sind; es erweitern sich die Radien der Machbarkeit, der technischen Gestaltungsfähigkeit, zugleich wachsen unkontrollierbare Risiken den politischen Akteuren über den Kopf. Zwar kannte bereits die soziologische Klassik das Motiv ambivalenter Modernisierung und liefern die Krisen der "ersten Moderne" ein Leitmotiv für die Entfaltung komplexer Theorien der Moderne, aber in jüngster Zeit setzt sich eine Deutung durch, derzufolge der ambivalente Charakter der Modernisierung nicht zur Suche dem richtigen Rezept zur techno-politischen Optimierung der Lage aufruft, sondern erstens zur Einsicht in den "antinomischen" Charakter - in die Unhintergehbarkeit der simultanen Geltung scheinbar widersprüchlicher Charakterisierungen der Modernisierung - verpflichten und zweitens zur Frage nach den gesellschaftstheoretischen und -politischen Konsequenzen aus dieser Einsicht führt. Das Seminar befasst sich im Zuge der Untersuchung klassischer, kanonischer und neuerer Modernisierungstheoreme mit diesem Übergang des Deutungsfokus von der (vermeintlich reparablen) Ambivalenz zur notorischen Antinomie. |
Literature |
Erste vorbereitende Literatur: Georg Simmel (1989): Philosophie des Geldes, Ffm: Suhrkamp. S. 375-482; Talcott Parsons (1990): Das System moderner Gesellschaften, München: Juventa; Armin Nassehi (2006): Der soziologische Diskurs der Moderne, Ffm.: Suhrkamp. |