Kommentar |
Die Eule der Minerva startet ihren Flug in der Abenddämmerung; und die Strategien der Gegenwart planen die Zukunft mit den Mitteln der Vergangenheit. Die Vorlesung konzentriert sich auf das Problem der Nachträglichkeit und Selektivität reflexiver Beschreibungen der "objektiven" Strukturen von Gesellschaften. Als solche Beschreibungen kommen sowohl "Wissensvorräte", soziale Semantiken, "Ideologien" und "Weltanschauungen" als auch wissenschaftliche, also auch soziologische Rekonstruktionen der Gesellschaft in Frage, die insgesamt als kulturelle Repräsentationen oder auch Reflexionen der ihnen zugrundeliegenden objektiven Strukturmuster verstanden werden können. Zum Verständnis der Moderne gehört u.a. die optimistische Erwartungen, dass die richtige Beschreibung der Gesellschaft zu einem Instrument ihrer optimalen Einrichtung, mindestens einer fortschreitenden Verbesserung und Reform tauge - und es ist nicht zu bestreiten, dass kulturelle Orientierungen ihrerseits Einfluss auf die Sozialstruktur, die Differenzierungform der Gesellschaft und das institutionelle Gefüge haben - die Krise des Modernismus aber macht deutlich - was vor allem junge Klassiker wie Luhmann und Foucault umgetrieben hat - dass Struktur und Semantik einander nicht linear beeinflussen, repräsentieren und ergänzen, sondern sich in - historisch wiederum wechselhaften - komplexen und gebrochenen Formen bedingen, mal unabhängig evoluieren, dann wieder auf einander reagieren etc.. Die Vorlesung führt anhand dieses Problemhorizontes ein in einschlägige soziologische Konzepte des Verhältnisses zwischen Struktur und Semantik und geht dabei auf Phänomene sozialen Wandels wie auf erkenntistheoretische Fragen ein.
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