2017 | UpSideDown- Circus and Space

“In der Akrobatik sind wir verloren – wir erkennen nicht länger oben und unten. Wir wissen nicht, ob wir steigen oder fallen.“ Mit diesen Worten beginnt das Zirkusstück Acrobates – une histoire d’art et d’amitié (Frankreich) und lenkt damit die Aufmerksamkeit auf ein zentrales Merkmale von Zirkus: seine spezielle Beziehung zum Raum. Die Gruppe Gravity & Other myth (Australien) visualisiert die Räumlichkeit von Zirkus in ihrem Namen, die Companie Gandini juggling (England) betitelt ihre aktuelle Show 4x4 Ephemeral Architectures, die Performance Hans was Heiri der Companie Zimmermann & De Perrot (Schweiz) fokussiert das Experimentieren mit räumlichen Anordnungen, in der preisgekrönten Cyr-Wheel-Nummer, aufgeführt von Aimé Morales (Venezuela), fungiert das Rad innerhalb der Diegese als Grenze zu einer mythischen Welt. Nicht nur durch eine explizierte Thematisierung, sondern auch im Allgemeinen ist es dem Zirkuswissenschaftler Bouissac zufolge möglich, Zirkus eine “sui generis spatial semiotics” zuzuschreiben. In den letzten Jahrhunderten wurde die Zirkuskunst an verschiedenen Aufführungsorten, die die Rezeption seitens der Zuschauer stark
beeinflussen, präsentiert. Zirkusartisten bereisen mit ihren Nummern die gesamte Welt und müssen sich dabei an die jeweiligen kulturell etablierten Paradigmen anpassen. Zirkusdisziplinen nutzen die Länge, Tiefe und Höhe des dreidimensionalen Raumes. Die Körper der Artisten bezwingen die Schwerkraft und stellen sich selbst auf den Kopf.

Die Konfernz behandelt die Frage nach dem Raum im Kontext des traditionellen, neuen und zeitgenössischem Zirkus aus dem Blickwinkel der Semiotik. Dabei können auch Bereiche wie Grenzräume, Theorien von Ort und Raum, Grenzen und Grenzüberschreitungen, Aufführungsräume sowie transnationale Räume berücksichtigt werden. Ziel ist die Vertiefung der Erkenntnisse der vorangegangenen Konferenz Semiotik des Zirkus (2015), die im Rahmen des Forschungsprojektes Zirkus | Wissenschaft an der Universität Münster organisiert wurde.

Keynotes

Prof. Dr. Paul Bouissac | Toronto
Prof. Dr. Louis-Patrick Leroux | Montréal
Prof. Dr. Philippe Goudard | Montpellier
Prof. Dr. Peta Tait | Melbourne

Bouissac, Paul: Circus and Culture. De Gruyter: Berlin/New York 2010. S. 11.