Jubiläum mit Hegel
© Uni MS – Thomas Kundy

Abendvortrag und Workshop (zu Ehren) von Prof. Ludwig Siep

Anlässlich des 80. Geburtstags des Philosophen Prof. em. Dr. Ludwig Siep fand vom 10. bis 12. November 2022 an der WWU Münster ein Workshop unter dem Titel „Religionsphilosophie im Ausgang des Deutschen Idealismus“ statt. Den Auftakt der Veranstaltung bildete ein Abendvortrag des Jubilars im Fürstenberghaus.

Prof. Dr. Dres. h.c. Michael Quante
© Uni MS – Thomas Kundy

In einer Laudatio würdigte dessen Nachfolger, Prof. Dr. Dres. h.c. Michael Quante – sowohl als Mitglied des Rektorats der WWU Münster, des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ und des Philosophischen Seminars als auch als Schüler und langjähriger Wegbegleiter Sieps –  dessen wissenschaftliche Leistungen. Dazu zählte er unter anderem die Etablierung von „Anerkennung“ als Kernthema der modernen praktischen Philosophie und das im Jahr 2000 vorgelegte Standardwerk der Hegelforschung „Der Weg der ‚Phänomenologie des Geistes‘“. 

Daneben hob Quante das wissenschaftpolitische und geselllschaftliche Engagement Sieps hervor, für das er nicht zuletzt 2015 mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse und 2020 mit der Daidalos-Münze der Deutschen Studienstiftung ausgezeichnet wurde. Ein Bild von der „spätsommerlichen Erntezeit“ aus Sieps Abschiedsvorlesung in 2011 aufgreifend, übergab Quante an den Geehrten mit dem Wunsch, auf den Spätsommer möge ein noch lange anhaltender „Altweibersommer“ folgen.

Prof. em. Dr. Ludwig Siep
© Uni MS – Thomas Kundy

Professor Dr. Ludwig Siep – emeritierter Spezialist für die Philosophie des Deutschen Idealismus, die praktische Philosophie im Allgemeinen und die biomedizinische Ethik – griff in seinem Abendvortrag sodann ein Thema aus seiner Arbeit als Seniorprofessor am Exzellenzcluster auf, das zugleich die Gelegenheit bot, langjährige Forschungsthemen aus seiner wissenschaftlichen Tätigkeit zusammenzuführen: Es ging um das spannungsgeladene Verhältnis zwischen Staat, Religion und Wissenschaft nach Hegel.

Zunächst stellte Siep die Konzeption dieser Trias in der hegelschen Philosophie vor, um sich dann angesichts der Lernerfahrung, die wir in den nachhegelschen Dekaden und Jahrhunderten gemacht haben, kritisch von dieser Konzeption abzugrenzen. Die Thesen Hegels seien aus heutiger Sicht in vielerlei Hinsicht zu stark. Das gelte nicht nur für die offensiv-antiskeptischen Letztbegründungsansprüche Hegels. Auch das zu enge Verhältnis, das Hegel zwischen der protestantischen bzw. lutherischen Religion, dem modernen Staat und der (philosophischen) Wissenschaft herstelle, lasse sich heute nicht mehr mit guten Gründen vertreten oder verteidigen. 

Stattdessen hob Siep die Bedeutung hervor, die der nach-hegelschen Ausdifferenzierung von Staat, Religion und Wissenschaft zu je eigenen Sphären moderner Gesellschaften zukäme. Wolle man dieses Verhältnis jedoch nicht nur negativ, sondern auch positiv bestimmen, so müsse man eher nach (partiellen) Ergänzungen oder Komplementaritätsbeziehungen suchen statt nach einer ein für allemal fixierten Identität dieser Bereiche. Gegen eine solche Fixierung sprächen nicht zuletzt das Recht auf Religionsfreiheit, auch im Sinne der Freiheit von Religion überhaupt, sowie die Freiheit der Wissenschaft.

© Uni MS – Thomas Kundy

Mit lang anhaltendem Applaus und einer Diskussion fand die Abendveranstaltung ihr Ende und war damit zugleich Auftakt für einen Workshop, der an den beiden Folgetagen den von Siep ausgeloteten Dimensionen weiter nachspürte. (tro/nam/stk)