Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2024

Informationen zur Anmeldung

Die Anmeldephase zum Sommersemester zu den Pro-, Haupt- und Masterseminaren sowie den Übungen findet elektronisch statt. Die Teilnahme wird durch ein auf Wahlgängen beruhendes Verteilverfahren geregelt. Es gibt nur einen Wahlgang am Ende des Wintersemesters. Der genaue Anmeldezeitraum ist auf der Seite des Historischen Seminars angegeben.

Hochschulwechsler melden sich bitte bei Dr. Eva Baumkamp oder Dr. Thomas Tippach für die Seminarplatzvergabe bzgl. Hauptseminaren/Masterseminaren.

Weitere Hinweise zum Anmeldeverfahren oder den Lehrveranstaltungen entnehmen Sie bitte der Seite des Historischen Seminars oder dem Vorlesungsverzeichnis im HIS-LSF.


Masterseminar: Geschlechtergeschichte im Zarenreich im 18. Jahrhundert

Prof. Dr. Ricarda Vulpius

Mo. 10-12 Uhr, Raum: ULB 201

Wer sich für den Wandel von Geschlechterbeziehungen in der Vormoderne interessiert, kann an dem russländischen 18. Jahrhundert nicht vorbeikommen. In der Zeit von Zar Peter I. bis zur Zarin Katharina II. vollzieht sich innerhalb der russländischen Elite ein dramatischer Wandel: Nicht nur ist das Jahrhundert dominiert von Frauen auf dem Thron, und es wandelt sich das Verständnis von Maskulinität. Vor allem leiten die Reformen unter Peter I. einen tiefgreifenden kulturellen und rechtlichen Wandel für adlige Frauen ein, der sie in mehrerer Hinsicht im Vergleich zu adligen Frauen in Westeuropa weitaus besserstellte und dazu führte, dass zu Beginn des 19. Jahrhunderts adlige Frauen ein Drittel der in privater Hand gehaltenen Ländereien des Zarenreiches bewirtschafteten und Leibeigene beaufsichtigten. Zugleich allerdings vertieften sich mit der petrinischen „Revolution von oben“ die sozialen und kulturellen Unterschiede zwischen adligen und bäuerlichen Frauen.

Das Masterseminar wird zum einen den Wandel der Geschlechterrollen zur vorpetrinischen Zeit (Stichwort domostroj) herausarbeiten und zum anderen das für das russländische 18. Jahrhundert charakteristische Spannungsverhältnis zwischen einerseits der starken Stellung von Frauen in Eigentumsverhältnissen und andererseits ihrer überaus schwachen Position gegenüber ihren Ehemännern im Familienrecht beleuchten.

Studienleistung: Regelmäßige Teilnahme (max. 2x Fehlen), umfangreiche wöchentliche Lektüre, digital hochzuladende Präsentationen; Gestaltung einer Seminarsitzung; Prüfungsleistung: Master of Arts Hausarbeit (20-25 S.), Master of Education (15-20 S.)

Literatur: Barbara Alpern Engel: Women in Russia, 1700-2000. Cambridge/ New York 2004; Michelle Lamarche Marrese: Gender and the legal order in Imperial Russia. In: The Cambridge History of Russia. Bd. 2: Imperial Russia, 1689-1917. Hg. von Dominik Lieven, Cambridge 2006, S. 326-343.


Hauptseminar: Vilnius transnational. Eine Stadt zwischen den Kulturen

Prof. Dr. Ricarda Vulpius

Di. 14-16 Uhr, Raum: F3

Nur wenige Städte in Ostmitteleuropa spiegeln die für diese Region so typische Vielfalt an Konfessionen und Kulturen, von denen sie über tausend Jahre hinweg geprägt wurde, derart ausdrucksstark wider wie Vilnius. Seit über 30 Jahren ist Vilnius die Hauptstadt des eigenständigen Nationalstaates Litauen, und die Wiedererlangung der staatlichen Souveränität, die Erinnerung an die Singende Revolution von 1990, der Erneuerungsbewegung Sajudis und die Trennung der einstigen Sowjetrepublik von der Macht des Kremls sind nach wie vor beherrschende Themen von identitätspolitischer Bedeutung. Neben dieser Perspektive wurde die Stadt auch von den Ruthenen geprägt, aus denen später die Nation der Belarusen entstand: Ruthenisch und nicht Litauisch war die Kanzleisprache des Großfürstentums. Weit geschichtsmächtiger aber noch ist die Verflechtung der litauischen mit der polnischen Geschichte. Nach Jahrhunderten engster Interaktion traten Polen und Litauer im 19. Jahrhundert in Form moderner Nationalbewegungen in Vilnius/Wilno in Konkurrenz und bildeten fortan eine städtische Konfliktgemeinschaft. Seit der Frühneuzeit spielte Vilnius auch für die Juden eine überaus bedeutsame Rolle, entwickelten sich doch hier bedeutende theologische Lehranstalten zu einem wichtigen geistigen Zentrum, zum „Jerusalem des Nordens“. Zur multikulturellen Stadtgeschichte gehörte im 19. und frühen 20. Jahrhundert auch die Herrschaft des Zarenreichs mit ihren lokalen Beamten und Militärs und dem Versuch, die Russisch-Orthodoxe Kirche in der Region zu verankern. Schließlich hinterließen die beiden Diktaturen, die Litauen im 20. Jahrhundert beherrscht haben, ihre Spuren: die kurze sowjetische Okkupation 1940/41, die deutsche Besatzung 1941 bis 1944 und die Zeit der sowjetischen Herrschaft von 1944 bis 1990/91.

Das Hauptseminar wird sich auf einer ersten Ebene mit einer Rekonstruktion der wichtigsten Etappen der Stadtgeschichte beschäftigen, auf einer zweiten Ebene mit den vor allem im 19. und frühen 20. Jahrhundert konkurrierenden diskursiven Ansprüchen auf die Stadt und auf einer dritten Ebene die geschichtskulturellen und erinnerungspolitischen Debatten von Litauern, Juden, Polen, Belarusen und Russen seit den 1990er Jahren beleuchten. Grundlegend für die dritte Ebene wird das von Pierre Nora entwickelte Konzept der Erinnerungsorte (lieux de mémoire) sein, aber auch die materiellen Orte der Erinnerung (lieux de mémoires) und damit die Erschließung von Vilnius als historischem Erinnerungsraum werden eine große Rolle spielen und der Vorbereitung der Exkursion dienen.

Hinweis: Eine Teilnahme am Hauptseminar ist unabhängig von einer Teilnahme an der Exkursion möglich. Umgekehrt aber ist eine Teilnahme an der Exkursion zwingend an die Teilnahme am Hauptseminar gebunden.

Studienleistung: Regelmäßige Teilnahme (max. 2x Fehlen), wöchentliche Lektüre, wöchentliche schriftliche Hausaufgaben, digital hochgeladene Präsentationen; Prüfungsleistung: Hausarbeit.


Exkursion: Vilnius transnational. Eine Stadt zwischen den Kulturen

Prof. Dr. Ricarda Vulpius

Vgl. die obigen Angaben zum Hauptseminar. Die Exkursion wird zusätzlich zum Hauptseminar belegt und entspricht dem Umfang einer Übung mit 2 LP.  Eine Teilnahme an der Exkursion ist zwingend an die Teilnahme am Hauptseminar möglich.


Proseminar: Einführung in das Studium der neueren Geschichte: Politische Wissenschaftsgeschichte: Archäologische Forschung in imperialen und kolonialen Kontexten

Dr. Vitalij Fastovskij

Mo. 10-14 Uhr, Raum F042

Im Zeitalter des Imperialismus verließen sich die europäischen Großmächte nicht nur auf militärische Stärke. Die Beherrschung des „Orients“ verlangte auch nach wissenschaftlicher Expertise. Bis heute sind die gesellschaftlichen Auswirkungen der engen Verflechtung von imperialer Politik und Wissenschaft zu spüren: Es laufen hitzige Debatten über die Rückgabe von Kulturgütern; von Anthropologen entwendete und auf anderen Wegen in deutsche Sammlungen gelangte menschliche Gebeine sorgen für internationale Spannungen; die Erkenntnisse der Provenienzforschung stimulieren Debatten über eine postkoloniale Erinnerungskultur in Europa. Im Seminar werden aktuelle Ansätze der Imperienforschung und Wissensgeschichte diskutiert. Neben Großbritannien, Frankreich und Deutschland wird das Zarenreich, ein in der Forschung bislang zu wenig beachteter Akteur, behandelt.

Literatur zur Einführung: Said, Edward: Orientalismus. Frankfurt am Main 2009; Díaz-Andreu García, Margarita: A World History of Nineteenth-Century Archaeology. Nationalism, Colonialism and the Past. Oxford/New York 2007.


Forschungskolloquium zur osteuropäischen Geschichte

Prof. Dr. Ricarda Vulpius

Mo. 18-20 Uhr, Raum: F3

Das Kolloquium richtet sich primär an fortgeschrittene Studierende, Doktoranden und Postdocs der Osteuropäischen Geschichte und Slavistik, ist aber auch Interessierten aus der allgemeinen Geschichte zugänglich. Es dient zum einen der vertieften Auseinandersetzung mit Masterarbeiten und Dissertationen, die in der Abteilung für Osteuropäische Geschichte entstehen. Zum anderen eröffnet das Kolloquium die Möglichkeit, sich mit Forschungsprojekten von Osteuropahistorikern anderer Universitäten vertraut zu machen und sich an aktuellen Forschungsdebatten zu beteiligen. An das Forschungskolloquium schließt sich fakultativ immer noch ein geselliger Teil mit dem Kolloquiumsgast und allen Interessierten in einem nahe gelegenen Lokal an.