Einführungen in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts
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ERZBERGERSCHE FINANZREFORM

Matthias Erzberger (1875-1922; Zentrum) war 1919-20 Finanzminister des Deutschen Reiches, am 26.8.1921 wurde er auf einem Spaziergang von zwei ehemaligen Marineoffizieren und Mitgliedern der Brigade Erhard bei Bad Griesbach im Schwarzwald erschossen.
Die unter seiner Leitung unternommene große Finanzreform änderte – dem Verfassungsauftrag folgend – die Finanzverfassung des Reiches tiefgreifend, indem sie die Finanzhoheit des Reiches gegenüber seinen Ländern durchsetzte. Zuvor war das Reich finanziell von den Zahlungen der Länder abhängig gewesen. Durch die während des Ersten Weltkriegs von 5 auf 135 Milliarden Mark gewachsenen Staatsschulden und den Verlust von Zolleinnahmen durch die Glossar Besetzung des Ruhrgebietes war der Staat in seiner Handlungsfähigkeit finanziell äußerst eingeschränkt.

Erzberger legte sein umfassendes Reformpaket im Juli 1919 der Nationalversammlung vor. Neben der erwähnten Änderung der Finanzverfassung wurden dabei auch Kriegsabgaben auf Einkommen und Vermögen und eine Erbschaftssteuer eingeführt. Zusammen mit der im März 1920 eingeführten Reichseinkommenssteuer (mit hohen Steuersätzen) entstand so eine deutliche Umverteilung der Steuerlast von sozial schwächeren Schichten auf reichere und Unternehmen.

Erzberger, der von der Rechtsopposition bereits wegen seiner Waffenstillstands- und Friedensvertragspolitik maßlos kritisiert worden war, wurde so noch stärker zum Hassobjekt der Gegner der Weimarer Republik.
Als Erfolg der Finanzreform kann die reichsweite Vereinheitlichung des Steuerwesens und der Finanzverwaltung gelten. Die Inflationsbekämpfung gelang jedoch nicht; es kam sogar zu Beschleunigungseffekten, da die Unternehmer die höheren Steuern über die Preise an die Verbraucher weitergaben und sich auch die Arbeitslosigkeit nicht verringerte, was zu weiterhin hohen Staatsausgaben führte.

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