Einführungen in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts
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LEISTUNGSSTAAT

(tl) Der Begriff der Leistung ist eigentlich eine klassische Kategorie des Privatrechtes (zum Beispiel § 241 BGB) und bezeichnet hier, was in einem Schuldverhältnis (insbesondere in einem Vertrag) vom Gläubiger gefordert werden kann beziehungsweise wozu der Schuldner verpflichtet ist. Im öffentlichen Recht dient er traditionell zur Kennzeichnung dessen, was der Bürger dem Staat gegenüber zu erbringen hat (Abgaben, Wehrdienst). Aber auch im umgekehrten Verhältnis spricht man von Leistungen. Diese Bedeutung des Begriffs steht beim modernen Verfassungs- und Verwaltungsrechts (in Deutschland beginnend in der Weimarer Republik) im Vordergrund: neben die klassischen Staatsaufgaben (Schutz vor und Abwehr von Gefahren → Eingriffsverwaltung) treten positive Leistungen, welche die staatliche Verwaltung erbringt (Daseinsvorsorge, Fürsorgepflicht → Leistungsverwaltung) und welche zum Teil sogar eingeklagt werden können (Leistungsklage im Verwaltungsrecht der Bundesrepublik Deutschland).

Das Prinzip des Leistungsstaates ist in der Verfassung der Bundesrepublik normiert. Durch das in Artikel 20,1 GG festgeschriebene Sozialstaatsprinzip ist der Staat verpflichtet Leistungen gegenüber dem einzelnen zu erbringen: unter dem Begriff der Daseinsvorsorge hat er für die Versorgung mit Gas, Strom und Wasser zu sorgen sowie öffentliche Verkehrsmittel, Gesundheitsvorsorge, Schulen und Arbeitsvermittlung bereitzustellen (er muss dies allerdings nicht immer kostenlos tun, sondern kann zumutbare Gegenleitungen in Geld verlangen); auch die Einrichtung von Zwangsversicherungen (zum Beispiel in der Kranken- und Rentenversicherung) und eine bedarfsorientierte Mindestsicherung (Sozialhilfe) lassen sich aus dem Sozialstaatsprinzip ableiten.

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