Der demographische Übergang
2.
Demographie und ihre Kulturgeschichte
2.2. Demographische Konflikte
Heiraten und Kinderbekommen
Quelle: Soll bei
Heiratswilligen ein Mindestvermögen verlangt werden? Eine Polemik des liberalen
Volkswirts Karl Braun gegen den liberalen Staatsrechtler Johann Caspar
Bluntschli (1868) |
|
|
|
»Von Denjenigen, welche nicht ein erhebliches Kapital (...) haben, müsse man (laut
Bluntschli) den Nachweis fortgesetzter Ersparnisse (durch Vorlage des
Sparkasse-Büchleins) verlangen. (...) Sparen könne jeder, und wenn er nicht
sparen könne, dann dürfe er auch nicht heirathen. (...) Hat, sagt Herr
Bluntschli, ein Volk, durch zweckmäßig begrenzende Maassregeln seiner Regierung
unterstützt, seine Zahl auf das den gegebenen Verhältnissen nach günstigste
Maass beschränkt, so dass die Löhne steigen, - ist da nun nicht zu befürchten,
dass aus einem Nachbarlande, wo man nicht ein so weises Maas beobachtete, die
überschüssige Bevölkerung plötzlich hereinströmt und durch zu starke Theilung
die Brocken wieder schmal macht? Muss man deshalb, wenn man den Zweck der
Bilanzierung von Bevölkerung und Kapital durch den Staat konsequent durchführen
will, nicht auch die Einwanderung verbieten oder einschränken (...)? Nein, sagt
Herr Bluntschli, diese Arznei wäre denn doch schlimmer, als die befürchtete
Krankheit, vor der sie uns schützen soll. ´Eine solche Erschwerung des
internationalen Verkehrs, eine solche Absperrung von dem allgemeinen
Kulturstrom, kann keinem Volke auf die Dauer zum Heile gereichen´.«
Braun, Karl: Das Zwangs-Zölibat für Mittellose in Deutschland, in: Vierteljahrschrift
für Volkswirtschaft und Kulturgeschichte 20 (1868), S. 1-80, hier: S.
46-47.