Einführungen in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts
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Wirtschaftswachstum
3. Familie, soziale Differenzierung und (materielle) Reproduktionskosten
3.1. "Zerfall" vs. soziale Differenzierung


  Quelle: Geschlecht in der Perspektive der Sozialpolitik - Familienpolitische Orientierung in der Ära Adenauer  
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Aus einer Denkschrift des Bundesministeriums für Familienfragen über die Gründe des Geburtenrückgangs (1957):

»Der Geburtenrückgang im gegenwärtigen Ausmaß wirft ernste Probleme auf. [...] Der Individualismus mit seiner oft allzu einseitigen Hervorhebung des Rechts der Einzelpersönlichkeit hat es mit sich gebracht, daß schon die Ehe weitgehend nicht mehr so sehr als gesellschaftliche Institution im Sinne der christlichen Kirchen, sondern mehr als ein Mittel gesehen wurde, die eigene Persönlichkeit an dem Partner zu vervollkommnen. In konsequenter Weiterentwicklung dieser Auffassung ist der Einzelne weniger geneigt, Opfer für Kinder zu bringen und zugunsten der kommenden Generation auf einen Teil seines Standards zu verzichten. [...] Im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Ursachen für die Kleinhaltung der Familie muß die außerordentliche Zunahme der Berufstätigkeit der Ehefrauen im modernen Wirtschafts- und Gesellschaftsleben gesehen werden. Denn es sind ja vorwiegend diese Ursachen, welche die verheiratete Frau zur Erwerbstätigkeit - vor allem in Fabrik und Büro - veranlassen; die Fälle, in denen aus einer echten Berufung heraus solche Tätigkeit außer Haus der in der Familie vorgezogen wird, sind bei weitem in der Minderzahl.«

Kommentar: Individuelle Selbstverwirklichung von Frauen in Beruf und Konsum werden nicht als deren "echte Berufung" und als gesellschaftlich schädlich betrachtet. Entsprechend ist Geschlechterpolitik der Ära Adenauer v.a. Familienpolitik und kaum Arbeitsmarktpolitik.

Aus: Klaus-Jörg Ruhl (Hg.): Frauen in der Nachkriegszeit 1945–1963 (München: dtv, 1988), S. 130–134.

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