DFG-Projekt: Topographien der Autobiographie


Raum und Zeit gelten als die grundlegenden Anschauungsformen des Menschen. Während die dem Primat des Historischen verpflichteten Geisteswissenschaften ihre Aufmerksamkeit bislang primär auf die Dimension der Zeitlichkeit richteten, hat der sog. ‚topographical turn’ in den Kulturwissenschaften die Bedeutung des Raums für die kulturelle Bedeutungskonstitution in den Blick gerückt. Auch autobiographische Texte wurden bislang vor allem als chronologisch strukturiert wahrgenommen. Die räumliche Dimension der autobiographischen Selbstdarstellung ist in der Forschung unberücksichtigt geblieben. Dieses Projekt hat eine Pilotstudie durchgeführt, die an einem zentralen Text (Goethes Dichtung und Wahrheit (1811-1833)) und markanten historischen Schnittstellen in detaillierter Textanalyse die konstitutive Rolle von Orten und Räumen für das autobiographische Genre aufzeigt. Es wird gezeigt, dass die spezifische Referenzialität der Autobiographie, d. h. die Art und Weise, in der sie auf tatsächliches gelebtes Leben referiert, wesentlich über topographische Bezüge hergestellt wird. Erstmals wird in der aktuellen Raumdiskussion die Beziehung von Raum und auf sich selbst reflektierender Subjektivität herausgearbeitet. Das Projekt endete am 31.03.2012.

Stephan Berghaus, Das topographische Ich, Bd. 819. Würzburg: Königshausen & Neumann 2015.

Cover Topographien Der Autobiographien