Wahlwerbung regt Bürger an

Neue Studie: Christian Wiencierz erforschte in seiner Dissertation die Wirksamkeit von Parteien-Reklame
Christian Wincierz
© Tobias Tanzyna/Akademische Gesellschaft für Unternehmensführung & Kommunikation, Leipzig

Das Superwahljahr steht in den Startlöchern. Bald werden die politischen Parteien mit Wahlwerbung um die Aufmerksamkeit der Wähler buhlen. Des Öfteren beurteilen Kritiker die Vielzahl an Werbemaßnahmen als bedeutungslos für die Meinungsbildung und die Wahlentscheidung der Bürger. Allerdings zeigt eine neue Studie des Graduiertenkollegs "Vertrauen und Kommunikation in einer digitalisierten Welt" der Universität Münster, dass dies nicht der Fall ist. Wahlwerbung regt Bürger zu Gesprächen über die Parteien und ihre Kandidaten an. Diese Gespräche wiederum können beeinflussen, ob Bürger die Parteien als vertrauenswürdig empfinden und sie eventuell wählen.

In einer repräsentativen Online-Befragung zum Bundestagswahlkampf 2013 untersuchte Christian Wiencierz, ehemaliger Doktorand des Graduiertenkollegs "Kommunikation und Vertrauen in einer digitalisierten Welt", wie Bürger die Werbemaßnahmen der Volksparteien CDU und SPD wahrnahmen, und ob sie anschließend Gespräche über die Inhalte führten. Das Ergebnis: Wahlwerbung, insbesondere Plakate und Fernsehspots, erzielt eine hohe Aufmerksamkeit bei den Bürgern und stößt Gespräche zu politischen Themen an. Rund 90 Prozent der Befragten rezipierten mindestens jeweils eine Werbemaßnahme der beiden Parteien und ein Drittel unterhielt sich darüber mit nahestehenden Personen wie Ehepartnern, Freunden oder Kollegen.

"Der Austausch im nahen Umfeld ist wichtig für die Meinungsbildung", erklärt Christian Wiencierz. Seine Studie unterstreicht, welche Auswirkung der Gesprächsverlauf für das Image der Parteien haben kann. Erinnerten sich die Befragten positiv an die Gesprächsinhalte, bewerteten sie auch die Partei und ihre Kandidaten positiv und als vertrauenswürdig.

"Vertrauenswürdigkeit ist ein entscheidendes Kriterium für die Wahlentscheidung. Bedenkt man die schwindende Parteibindung der Wähler, ist es für Parteien von großer Wichtigkeit, durch Wahlwerbung ein effektives Mittel zu haben, mit dem sie um das Vertrauen der Bürger werben können", sagt Christian Wiencierz. Natürlich könnten Parteien nicht beeinflussen, ob private Gespräche zu ihren Gunsten verlaufen. Allerdings zeige sich, dass Parteien und ihre Kandidaten am ehesten als vertrauenswürdig empfunden werden, wenn die Werbung sie als fähig, integer und wohlwollend darstellt.

Wiencierz arbeitet inzwischen als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Münster. Zurzeit erforscht er die Chancen und Herausforderungen von Big Data in der Unternehmenskommunikation im Rahmen des Projekts "Veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen und neue Megatrends als Herausforderung für die Unternehmenskommunikation". Das internationale Forschungsprojekt wurde von der "Akademischen Gesellschaft für Unternehmensführung und Kommunikation" ins Leben gerufen. Davor untersuchte er die Kommunikations- und Vertrauensprozesse zwischen Nutzern und Sharing-Economy-Anbietern (Portale wie beispielsweise Airbnb.com) in dem vom Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung geförderten Projekt "Konsumentenvertrauen in einer Sharing Economy".