|
||
LINKWEG ::: Inhalt / Recht, Konfliktregelung, Kontrolle / Devianz und Kriminalität / |
![]() |
Strukturen von Recht und Herrschaft
4. Recht, Konfliktregelung und soziale Kontrolle
4.3. DEVIANZ UND KRIMINALITÄT
4.3.1. Veränderbarkeit der Delikte
4.3.2. Hexerei als Delikt
4.3.1. Veränderbarkeit der Delikte | |
Delikte sind historisch wandelbar und relativ: Mit den Normen wandelt sich auch, was als Normverstoß (abweichendes Verhalten, Devianz) oder gar als strafwürdiges Delikt (Kriminalität) verstanden wird. Jede Gesellschaft definiert anders, welche Normverstöße sie wie sanktionieren will.
Beispiele:
Auch Gewaltdelikte ändern sich in der sozialen Bewertung: Gewalt wird zunehmend kriminalisiert, Totschlag strenger bewertet und verfolgt.
4.3.2. Hexerei als Delikt | |
Im Spätmittelalter wird das alte Verbrechen des Schadenszaubers (Schädigung von Ernte, Vieh und Menschen durch magische Praktiken) theologisch mit dem Teufelspakt erklärt: Nur der Teufel ermöglicht (mit göttlicher Zulassung), dass Menschen so etwas vermögen. „Kumulativer Hexenbegriff“: Teufelspakt, Teufelsbuhlschaft, kollektiver Hexensabbat, Nachtflug (Hexerei als Ketzersekte, zugespitzt auf Frauen; einflussreich propagiert im „Hexenhammer“ 1486).
Dadurch wird Hexerei zum kollektiven, das ganze Gemeinwesen bedrohenden, todeswürdigen crimen laesae maiestatis divinae, das von der weltlichen und geistlichen Obrigkeit verfolgt werden muss. Hexereikonflikte beruhen meist auf lokalen Konflikten, die eskalieren. Durch das Eingreifen der Obrigkeit, Inquisitionsverfahren mit Folter, „Besagungen“, öffentlicher Hinrichtung mit Verlesung des Geständnisses etc. kommt es leicht zur Ausweitung und zu ganzen Prozessserien. Diese entwickeln eine sich selbst verstärkende Dynamik, vor allem dann, wenn normale Regeln des Strafprozesses wegen des „Ausnahmeverbrechens“ außer Kraft gesetzt werden und wenn Verfolgungsbereitschaft der Obrigkeit und Hexenfurcht in der Bevölkerung sich ergänzen (so vor allem große regionale Prozesswellen im späten 16. und frühen 17. Jh.).
Quelle: Neue Zeitung von Sechshundert Hexen, Bamberg 1630
Quelle: Hexen-Gerichtsordnung, Sachsen-Coburg 1629
Quelle: Untertanen bitten um Hexenverfolgung, Wertheim
1628
Verschiedene Deutungen der Hexerei konkurrieren; im 18. Jh. setzt sich die (alte) Theorie durch, dass der Teufel den Hexen nur magische Fähigkeiten vorspiegele bzw. (auf der Grundlage des Cartesianischen Rationalismus) dass es gar keine Zauberei geben könne; Hexerei wird kaum noch obrigkeitlich verfolgt, schließlich als Delikt in manchen Territorien ganz abgeschafft.
![]() |
© 2003 by Barbara Stollberg-Rilinger • mail: fnz.online@uni-muenster.de |